Fed hält Leitzins noch hoch - Zinssenkung im September "auf dem Tisch"

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- von Howard Schneider

Washington/Berlin (Reuters) - Angesichts der Fortschritte beim Kampf gegen die Inflation ebnet die US-Notenbank den Weg für eine Zinswende.

Die Währungshüter um Federal Reserve-Chef Jerome Powell beließen den geldpolitischen Schlüsselsatz am Mittwoch zwar in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Zugleich verwiesen sie jedoch auf Fortschritte auf dem Weg zum Inflationsziel von zwei Prozent. Die Notenbank sieht den Preisdruck zudem nur noch als "etwas erhöht" an. Powell betonte vor der Presse, unter bestimmten Bedingungen könne eine Zinssenkung bereits auf der nächsten Sitzung im September "auf den Tisch" kommen.

Die Fed warte allerdings auf weitere "gute Daten", die für stärkere Zuversicht sorgen sollten, dass man auf gutem Weg zum Inflationsziel sei. Händler an den Terminmärkten fühlten sich durch die Äußerungen des Fed-Chefs in der Erwartung bestärkt, dass die Zinswende am 18. September über die Bühne gehen dürfte. Powell machte aber deutlich, dass noch keine Vorentscheidung getroffen sei. Er sagte zudem, dass man bereits auf der aktuellen Sitzung eine Senkung diskutiert habe. Dies überraschte selbst Experten. Manche Investoren spekulieren sogar darüber, dass die Fed im September einen großen Zinsschritt nach unten von einem halben Prozentpunkt machen könnte. Eine erste Zinssenkung um 50 Basispunkte sei "nichts, worüber wir derzeit nachdenken", sagte Powell dazu auf der Pressekonferenz.

Die Währungshüter achten mit Blick auf die Inflation besonders auf die Preisentwicklung eines festen Warenkorbs, der auf die persönlichen Ausgaben der US-Konsumenten bezogen ist. Der hieraus berechnete sogenannte PCE-Index legte im Juni zum Vorjahresmonat nur noch um 2,5 Prozent zu, nach 2,6 Prozent im Mai. Und auch die Verbraucherpreise waren im Juni mit einer Teuerungsrate von 3,0 Prozent nicht mehr so stark gestiegen wie noch im Mai (3,3 Prozent) und im April (3,4 Prozent).

FOKUS NICHT MEHR "ZU 100 PROZENT" AUF INFLATION

Laut Powell muss sich die Notenbank angesichts der Fortschritte im Kampf gegen die Teuerungswelle nicht mehr zu "100 Prozent" auf die Inflation fokussieren. Der Job sei zwar noch nicht erledigt. Doch könne nun über ein Zurückfahren des restriktiven geldpolitischen Kurses nachgedacht werden - zumal es Signale gebe, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt wie erwünscht normalisiere. Eine Reihe von Daten ließen darauf schließen, dass der Jobmarkt weiter stark, aber nicht überhitzt sei.

Nach Einschätzung des Chefökonomen von HQ Trust, Michael Heise, ist der Arbeitsmarkt zwar insbesondere im Hinblick auf die steigende Beschäftigung in robuster Verfassung, aber doch seit Monaten durch einen leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit und durch tendenziell sinkende Vakanzen gekennzeichnet: Bei ebenfalls leicht rückläufigen Lohnsteigerungen und anhaltenden Produktivitätsfortschritten dürften aus seiner Sicht auch die Inflationsraten in den kommenden Monaten verhalten bleiben. Die Zuversicht der Notenbank dürfte somit steigen, dass sich die Inflation nachhaltig auf den Zielwert zubewege: "Die Tür für eine Zinssenkung im September öffnet sich."

Sollte die Fed dann die geldpolitischen Zügel lockern, würde die Entscheidung ausgerechnet in die heiße Phase des US-Wahlkampfes fallen. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat die unabhängige Notenbank aufgefordert, eine Zinswende nicht vor den Wahlen im November einzuleiten. Powell sagte, die Fed sei keine politische Behörde. Sie werde niemals geldpolitische Entscheidungen mit Blick auf den Ausgang einer Wahl treffen, die noch nicht abgehalten worden sei. Der Fed-Chef hatte bei früherer Gelegenheit betont, die Zentralbank orientiere sich ausschließlich an ihrem Mandat - also Preisstabilität zu sichern und Vollbeschäftigung zu fördern.

An den US-Börsen sorgten Powells Aussagen für Beruhigung. Der Dow-Jones-Index schloß 0,2 Prozent fester, der S&P 500 legte 1,6 Prozent zu und die Nasdaq 2,6 Prozent. Das war in etwa das Niveau, auf dem sie schon vor den Bekanntmachungen der Fed gestanden hatten.

(Redaktion Washington, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Zuzanna Szymańska, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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