Siemens Healthineers will mit Zukauf Nuklear-Diagnostik ausbauen
München (Reuters) - Mit der Übernahme einer Sparte von Novartis will der Medizintechnik-Konzern Siemens Healthineers sein Geschäft in der Nuklearmedizin stärken.
Die Siemens-Tochter will eine Kette von etwa 14 Radiopharmazien in Europa kaufen, in denen radioaktive "Tracer" hergestellt werden, die eine wichtige Rolle vor allem bei Krebsdiagnosen spielen. Sie werden dem Patienten injiziert und machen in einem PET-Scanner - einer Art Computertomograph - sichtbar, wo die Krebszellen sitzen und wie die Behandlung im Körper anschlägt. In den USA verfügt Siemens Healthineers über die Tochter Petnet Solutions bereits über ein dichtes Netz von Radiopharmazien, in Europa hat das Unternehmen bisher nur einige wenige.
"In den USA hatten wir ein fantastisches Wachstum in diesem Bereich, in Europa nimmt das Wachstum gerade erst Fahrt auf", sagte der Chef des Bereichs Molecular Imaging, Jim Williams, der Nachrichtenagentur Reuters. Molecular Imaging gehört zur Sparte Imaging (Bildgebung) mit Computertomographen, MRT- und Röntgen-Geräten. "Die Übernahme ist der schnellste Weg, um hier zu wachsen", sagte Williams.
Nach Schätzungen von Healthineers ist der europäische Markt der Diagnostik mit Positronen-Emissions-Tomographen (PET) zurzeit rund 500 Millionen Euro schwer, bis 2033 soll er sich verdreifachen. Denn rund 200 individualisierte Therapien für verschiedene Krebsarten sind in der Entwicklung, bei denen die Tracer nicht nur zur Diagnose, sondern auch zur Erfolgskontrolle gebraucht werden. Neben der Krebsdiagnostik sei etwa auch ein Einsatz bei der Alzheimer-Diagnose möglich, sagte Williams. Das Geschäft mit den Tracern hat hohe Margen.
Novartis hatte die Radiopharmazien 2017 mit der rund 3,9 Milliarden Dollar schweren Übernahme der französischen Advanced Accelerator Applications (AAA) erworben. Sie gehören dort aber nicht zum Kerngeschäft. Der Schweizer Pharmariese, der mit dem Wirkstoff Pluvicto in der sogenannten Radioliganden-Therapie von Prostatakrebs erfolgreich ist, hatte ein Angebot von Siemens Healthineers für das Diagnostik-Geschäft von AAA bestätigt. Laut Unternehmenskreisen liegt es bei rund 200 Millionen Euro. Das hatte auch die "Financial Times" berichtet, Williams wollte sich dazu nicht äußern. Noch stehen aber die in Frankreich vorgeschriebenen Gespräche mit der Arbeitnehmervertretung aus.
"Das Geschäft passt besser zu uns, weil wir dank Petnet in der Produktion und der Verteilung der Tracer große Erfahrung haben", sagte Williams. Die Substanzen sind nur wenige Stunden haltbar, so dass sie in der Nähe der Kliniken hergestellt werden müssen, in denen sie eingesetzt werden.
(Bericht von Alexander Hübner und Ludwig Burger, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)