Asylregelung in Deutschland - Zurückweisung möglich?

Reuters · Uhr

(Reuters) - Die Bundesregierung hat der Union eine Prüfung zugesagt, inwieweit es rechtlich möglich ist, an deutschen Grenzen Menschen mit Asylgesuch direkt zurückzuweisen.

Erst wenn sich die Bundesregierung grundsätzlich zu einem solchen Vorgehen bereiterklärt, will die Union nach den Worten ihres Verhandlungsführers Thorsten Frei die Gespräche über eine Verschärfung der Asyl- und Migrationspolitik in der nächsten Woche fortsetzen.

Nach der noch geltenden Dublin-Regelung der Europäischen Union dürften eigentlich zumindest an den deutschen Landesgrenzen kaum Menschen mit Asylbegehr ankommen, weil Deutschland von Staaten des sogenannten Schengen-Raums umgeben ist, mit Ausnahme der Schweiz zudem alles EU-Mitgliedstaaten. Zum passfreien Schengen-Raum gehören außer Irland alle EU-Staaten sowie Länder wie die Schweiz oder Norwegen. Die Dublin-Regeln sehen vor, dass Flüchtlinge in den Ländern Schutz beantragen müssen, in denen die Menschen erstmals Schengen- oder EU-Raum betreten. Für Deutschland sind nur Flughäfen und Häfen Schengen-Außengrenzen.

DIE ZAHLEN

Dennoch hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF allein im Juli nach eigenen Angaben 18.503 Asylerstanträge entgegengenommen, im bisherigen Jahresverlauf waren es 140.783. Zugleich gab es im ersten Halbjahr 2024 gemäß der Dublin-Regelung 36.795 Übernahmeersuche Deutschlands an andere EU-Mitgliedstaaten, 12.808 wurden abgelehnt, 21.314 akzeptiert. Allerdings wurden nur 3043 Menschen in andere EU- und Schengen-Mitgliedstaaten überstellt. Seit Oktober 2023 sind zudem rund 30.000 Personen zugewiesen worden, die an der Grenze kein Asyl angemeldet haben.

ASYL

Grund dafür, dass trotz der Dublin-Regelung viele Menschen mit Asylgesuch über die Landgrenze nach Deutschland kommen, ist Artikel 16a des Grundgesetzes. Dort heißt es in Absatz 1: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht." Wer also an der Grenze das Wort "Asyl" sagt, muss eingelassen werden. In Absatz 2 von Artikel 16a heißt es allerdings: "Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist."

Letzteres bezieht sich auf sogenannte sichere Drittstaaten, zu denen zuletzt Georgien und die Republik Moldau erklärt wurden. In welche Kategorie ein Asylsuchender fällt - Drittstaatenregelung, Dublin, oder zugelassen zu Asylantrag in Deutschland - wird in einem Erstaufnahmeverfahren juristisch geklärt. Die Menschen müssen sich also in einer Zentralen Aufnahmeeinrichtung (ZAA) des jeweiligen Bundeslandes als asylsuchend melden.

Jetzt stellt sich die Frage, ob diese Prüfung gewissermaßen vorgelagert werden kann und nur noch Menschen ins Land gelassen werden können, die Aussicht auf den Asyl-Status in Deutschland haben. Bundesinnen- und Justizministerium schließen dies mittlerweile zumindest nicht mehr aus. Der Migrationsforscher Gerald Knaus indes ist sich sicher, dass eine Zurückweisung von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen gegen das Gesetz verstoßen würde. "Das geht nicht. Das gültige EU-Recht ist in dieser Frage glasklar", sagte Knaus der "Rheinischen Post".

(Zusammengestellt von Alexander Ratz in Berlin; Redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)

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