Regierungssprecher: Niemand in der Ampel schlägt sich in die Büsche

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- von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) - Wenige Tage vor der US-Präsidentschaftswahl hat Regierungssprecher Steffen Hebestreit den Zusammenhalt in der Bundesregierung betont.

"Ich habe nicht den Eindruck, dass irgendwer dabei ist, sich in die Büsche zu schlagen", sagte Hebestreit am Freitag in Berlin auf die Frage nach Spannungen in der Ampel-Koalition. Man werde "konstruktiv die nächsten knapp elf Monate bis zum regulären Wahltermin für die nächste Bundestagswahl miteinander zusammenarbeiten". Er teile den Eindruck, dass angesichts der Herausforderung durch den Ausgang der US-Wahl Stabilität im größten EU-Staat nötig sei. Die Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge mahnte aber im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters Kanzler Olaf Scholz mit Blick auf die US-Wahlen, dass er künftig auf Alleingänge in der EU verzichten solle, weil Europa mit einer Stimme sprechen müsse.

Die Ampel habe bewiesen, dass sie unter erheblichen außenpolitischen Krisen und Herausforderungen zusammenarbeiten könne, sagte der Regierungssprecher. "Ich weiß nicht, ob es einer weiteren Krise bedarf, um sich das noch einmal zu vergegenwärtigen." Er wollte keine Präferenz bei den US-Wahlen abgeben. Experten erwarten jedoch ein schwieriges transatlantisches Verhältnis, wenn der Republikaner Donald Trump zum Präsidenten gewählt werden sollte.

Hintergrund der Aussagen sind anhaltende Spekulationen über ein mögliches vorzeitiges Aus der Ampel-Regierung. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob die FDP die Koalition verlassen will. Er sei zuversichtlich, dass die Ampel die Beratungen über den Haushalt 2025 erfolgreich abschließen werde, sagte der Regierungssprecher. "Ja, weil wir gar keine andere Option haben", hatte auch FDP-Chef Christian Lindner am Donnerstag gegenüber dem "Spiegel" auf die Frage gesagt, ob eine Einigung über den Haushalt gelingen werde. Er habe keinen Vorsatz, die Regierung zu verlassen, wolle aber eine Richtungsentscheidung.

Ein Teil der Spannungen ist auch auf die unterschiedlichen Wirtschaftsgipfel zurückzuführen, zu denen Kanzler Olaf Scholz und die FDP-Fraktion eingeladen hatten und haben. Die FDP veranstaltet am Montag bereits das nächste Treffen, will diesmal nach Angaben der Fraktion aber auf öffentliche Statements verzichten. Im Kanzleramt werden die Gespräche über einen "Pakt für Industrie" am 15. November fortgesetzt. Er wundere sich über die Aufregung über die Treffen, die für die Bundesregierung seit langem völlig normal seien. Man sehe das ganz gelassen.

Allerdings hatte SPD-Co-Chefin Saskia Esken es als "kindisch" bezeichnet, dass die FDP parallel zum ersten Industrietreffen im Kanzleramt zu Beratungen mit einigen Verbänden eingeladen hatte. FDP-Chef Lindner verwies gegenüber dem "Spiegel" darauf, dass es nur eine gemeinsame Regierungslinie aller drei Ampel-Partner geben könne. "Es könnte also ratsam sein, auch den Wirtschafts- und Finanzminister einzubinden, wenn es um Grundfragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik geht – Richtlinienkompetenz hin oder her", fügte der FDP-Chef hinzu.

Die Grünen-Co-Fraktionschefin Dröge übte Kritik an Kanzler Scholz. "Die deutsche Bundesregierung unter Kanzler Scholz hat sich in den letzten Jahren zu oft auf Alleingänge zurückgezogen, die Europäische Einigungen erschwert haben", sagte Dröge zu Reuters. "Hier ist eine Kurskorrektur dringend notwendig." Gerade in einer Zeit wie dieser sollte Deutschland vielmehr Motor für gemeinsame europäische Entscheidungen sein "und nicht immer wieder Sand ins Getriebe streuen", fügte die Grünen-Politikerin hinzu. Es sei wichtig, dass die EU nach den US-Wahlen geschlossen auftrete.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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