Habeck wettert gegen EU-Schuldenregeln: "Sind ein Sicherheitsrisiko"

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Berlin (Reuters) - Vize-Kanzler Robert Habeck will die Reform der europäischen Schuldenregeln wieder ändern.

"Wir können nicht bei der deutschen Schuldenbremse stehenbleiben", sagte der Grünen-Kanzlerkandidat und Bundeswirtschaftsminister am Dienstag bei einer Industriekonferenz in Berlin. Die europäische Reform sei von der Ampel-Regierung falsch verhandelt worden, sagte Habeck, ohne den dafür zuständigen Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) beim Namen zu nennen. "Diese Regeln und sie sind erst zwei Jahre alt und Deutschland hat sie mitgestaltet, sind ein Sicherheitsrisiko. Sie passen nicht zu der Zeit."

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende 2022 wurden die Ausgaben für die Bundeswehr deutlich nach oben gefahren. Experten zufolge sind weitere Anstrengungen nötig. Habeck verwies auf Ökonomen, die fordern, zusätzliche Ausgaben für die Verteidigungsfähigkeit von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse auszunehmen. Es sei zwar nach den neuen EU-Finanzregeln möglich, zusätzliche Kredite aufzunehmen, wenn dadurch das Potenzialwachstum - also die Wettbewerbsfähigkeit - erhöht werde, so Habeck. "Aber Artilleriemunition und Fregatten im Hafen gehören nicht dazu." Dies verhinderten die EU-Schuldenregeln.

Nach langen Debatten hatte sich die EU Ende 2023 auf neue Schuldenregeln verständigt. Hoch verschuldete EU-Staaten sollen mehr Zeit bekommen, ihre Defizite abzubauen und auch zusätzliche Spielräume für Investitionen. FDP-Chef Lindner hatte immer wieder betont, dass es strenge Sicherheitslinien gibt, um jedes Jahr ein Mindestmaß beim Abbau der Defizite und Schuldenstände einzuhalten.

LINDNER WARNT VOR DAMMBRUCH

Habeck spiele mit der Stabilität des Euro, sagte Lindner der Nachrichtenagentur Reuters. Die hohen Defizite in Frankreich und Italien seien Anlass zur Sorge. "Wenn Deutschland gleichzeitig die mühsam von mir ausgehandelten EU-Fiskalregeln infrage stellt oder bricht, dann droht ein Dammbruch. Die Staatsschuldenkrise vor 15 Jahren haben manche offenbar schon vergessen."

Habeck hatte zuvor auch bekräftigt, die Schuldenbremse lockern zu wollen. Denn es brauche nicht nur mehr Geld für die Sicherheit, sondern auch die Infrastruktur und zur Behebung der strukturellen Schwächen des Wirtschaftsstandorts Deutschland. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann lehnte dies ab. "Ich persönlich stehe nicht nur zu der Schuldenbremse vor dem Wahlkampf beziehungsweise vor der Bundestagswahl, sondern auch danach", sagte er den TV-Sendern RTL/ntv. Man dürfe der nächsten Generation nicht die Haushaltsspielräume wegnehmen.

Kanzler Olaf Scholz, der seit Montag auch offiziell SPD-Spitzenkandidat für die Wahl ist, hat sich bereits für eine Änderung der Schuldenregeln ausgesprochen. Er argumentiert mit dem enormen Finanzbedarf in den kommenden Jahren. In der Union, die Umfragen zufolge beste Chancen auf das Kanzleramt hat, tobt derzeit eine Diskussion über eine mögliche Reform der Schuldenbremse. Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich in ihrem am Dienstag veröffentlichten Buch "Freiheit" für Änderungen aus. Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich zuletzt offen dafür gezeigt.

(Bericht von Christian Krämer und Andreas Rinke. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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