Verfassungsschutz stuft AfD-Bundespartei als rechtsextremistisch ein

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- von Holger Hansen

Berlin (Reuters) - Die Partei Alternative für Deutschland (AfD) wird vom Verfassungsschutz nun auch auf Bundesebene als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) begründete dies am Freitag in Köln mit "der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei". Das in der Partei vorherrschende Volksverständnis konkretisiere sich in einer insgesamt migranten- und muslimfeindlichen Haltung der Partei. Die AfD hatte in den vergangenen Jahren immer mehr Zulauf verzeichnet. Im Bundestag ist sie mit 20,8 Prozent nach der Union zweitstärkste Fraktion und größte Oppositionsfraktion.

Zu der neuen Einstufung ist das Bundesamt laut Innenministerin Nancy Faeser ohne Einflussnahme aus der Politik gekommen. "Es hat keinerlei politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben", erklärte die SPD-Politikerin. "Die neue Einstufung ist das Ergebnis einer umfassenden und neutralen Prüfung, die in einem 1100-seitigen Gutachten festgehalten ist."

BUNDESAMT: "ETHNISCH-ABSTAMMUNGSMÄSSIGES VOLKSVERSTÄNDNIS"

Das Bundesamt hatte die 2013 gegründete AfD seit März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall beobachtet. Dazu durfte der Inlandsgeheimdienst auch nachrichtendienstliche Mittel wie V-Leute, Observationen und die Auswertung öffentlicher sowie nicht-öffentlicher Quellen nutzen. Dies hatte das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt.

Mit der Einstufung als gesichert rechtsextremistisch gelten aus Sicht des Bundesamtes verfassungsfeindliche Bestrebungen auch in der Bundespartei als erwiesen. Auf Landesebene ist die AfD bereits in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

"Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar", erklärte das Bundesamt. "Es zielt darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, sie einer nicht verfassungskonformen Ungleichbehandlung auszusetzen und ihnen damit einen rechtlich abgewerteten Status zuzuweisen." So betrachte die AfD deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern nicht als gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes.

Das Bundesamt sprach von einem "ausgrenzenden Volksverständnis", das "Ausgangspunkt und ideologische Grundlage für eine kontinuierliche Agitation gegen bestimmte Personen oder Personengruppen" sei. Diese würden pauschal diffamiert und verächtlich gemacht: "Insbesondere die fortlaufende Agitation gegen Geflüchtete beziehungsweise Migrantinnen und Migranten befördert die Verbreitung und Vertiefung von Vorurteilen, Ressentiments und Ängsten gegenüber diesem Personenkreis."

GRÜNE FORDERN KONSEQUENZEN FÜR UMGANG MIT AFD

Die Grünen begrüßten die Hochstufung der AfD, die "in Gänze mit unserer Verfassung und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf Kriegsfuß" stehe. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic und Vizefraktionschef Konstantin Notz, der auch Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste ist, forderten Konsequenzen für den Umgang mit der AfD im Parlament: "Die heutige Entscheidung ist auch ein deutlicher Wink in Richtung derjenigen, die zuletzt für eine Normalisierung der Partei plädierten", erklärten sie. "Sie ist auch ein wichtiger Baustein mit Blick auf die Frage, wie es um die Erfolgsaussichten eines möglichen AfD-Verbotsverfahren bestellt ist."

Zwischen den künftigen Koalitionspartner Union und SPD ist noch offen, wie sie sich im Bundestag verhalten, wenn es um die Wahl von AfD-Vertretern zu Vorsitzenden von Ausschüssen geht. Der designierte Unions-Fraktionschef Jens Spahn hatte jüngst gefordert, mit der AfD so umzugehen "wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch". SPD-Innenexperte Sebastian Hartmann lehnte am Freitag Stimmen aus der SPD für die AfD ab, die unter anderem den Vorsitz des wichtigen Haushaltsausschusses beanspruchen könnte. "Eine Wahl von AfD-Vertretern halte ich für ausgeschlossen", sagte Hartmann der "Rheinischen Post".

In Umfragen nach der Bundestagswahl hatte die AfD weiter zugelegt. Im am Freitag veröffentlichen ZDF-Politbarometer vergrößerte sich der Abstand zwischen Union und der AfD aber wieder. Die Union legte in der Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen auf 27 Prozent zu, die AfD rutschte auf 23 Prozent ab.

(Mitarbeit: Andreas Rinke. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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