Luftfracht in Deutschland unter steigendem Konkurrenzdruck

Frankfurt (Reuters) - Hohe Standortkosten, zu viel Bürokratie - die Luftfrachtbranche in Deutschland beklagt Wettbewerbsnachteile.
Weltweit wachse die Luftfracht schneller als an den deutschen Umschlagplätzen wie Frankfurt oder Köln/Bonn, erklärte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) am Montag in Frankfurt. Frachtvolumen wandere in europäische Nachbarländer ab wegen geringerer Kosten und schnellerer Abfertigung. "Deutsche Frachtflughäfen- und -airlines geraten im internationalen Wettbewerb massiv unter Druck, da Nachbarländer und auch Drittstaaten attraktivere Rahmenbedingungen bieten", warnte Pierre Dominique Prümm vom Vorstand des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport, der eine Arbeitsgruppe des BDL zu dem Thema leitet.
Der größte deutsche Flughafen verlor im vergangenen Jahr seine Spitzenposition als größter Frachtflughafen Europas an Istanbul - dort stieg das Transportvolumen um knapp 40 Prozent, während es in Frankfurt um 2,5 Prozent schrumpfte. Ein Viertel aller Exporte aus Deutschland in Nicht-EU-Staaten aus Branchen wie Maschinenbau oder Pharmaindustrie erreicht über Luftfracht die Kunden. In Deutschland wird in diesem Jahr dem BDL zufolge nur 1,2 Prozent Wachstum der Luftfracht erwartet im Vergleich zu sechs Prozent weltweit.
Eine Umfrage des Verbandes unter Spediteuren ergab, dass höhere Frachtraten der größte Nachteil in Deutschland sind. Eine Rolle spielen dabei staatliche Standortkosten, zum Beispiel die Flugsicherungsgebühren: In Deutschland haben sie sich seit 2020 verdoppelt. So fallen für einen Langstrecken-Frachtflieger in Frankfurt knapp 1500 Euro pro Flug an, in Paris nur 800 Euro, in Istanbul 72 Euro, und in Lüttich ist die Flugsicherung durch staatliche Förderung sogar gratis. Solche kleinen Beträge können bei der Kalkulation der Spediteure ins Gewicht fallen.
Doch es geht nicht nur um Gebühren, die gesenkt werden müssten, ein Nachteil sieht der Verband auch in zu genauen Kontrollen oder zu langsamen Prozessen durch den Zoll. Die deutschen Behörden legten EU-weit einheitliche Regelungen sehr eng aus, während Nachbarländer Spediteure gezielt mit einer pragmatischen Handhabung der Vorschriften lockten, wie Prümm erklärte. "Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen." Es gehe der Branche nicht darum, Sicherheitsstandards zu reduzieren, sondern um mehr Tempo durch stärkere Digitalisierung etwa.
Seinen Forderungskatalog will der BDL mit der neuen Bundesregierung und zuständigen Behörden wie dem Luftfahrtbundesamt oder dem Zoll diskutieren. Unter der Ampel-Regierung sei bereits eine Strategie verfolgt worden, den Zoll besser auszustatten und in IT-Systeme zu investieren. "Die Strategie sollte umgehend umgesetzt werden", forderte Prümm. "Kleine Veränderungen in Prozessen können große Wirkung haben."
(Bericht von Ilona Wissenbach, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)