Studie: Trotz Boom bei Künstlicher Intelligenz kaum Nachfrage nach KI-Experten

Berlin (Reuters) - Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert das Arbeitsleben - aber einer Studie zufolge noch nicht den KI-Jobmarkt.
Seit 2022 stagniert das Stellenangebot für KI-Experten auf ohnehin niedrigem Niveau, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Analyse der Bertelsmann Stiftung von rund 60 Millionen Online-Stellenanzeigen von 2019 bis Ende 2024 hervorgeht. Gesucht wird demnach vor allem in den Ballungsräumen im Süden und Südwesten - "der ländliche Raum ist abgehängt". KI-Hauptstadt sei München.
"Die wirtschaftlichen Chancen von KI werden in Deutschland noch nicht genutzt", sagte Hannes Ametsreiter, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung. "Wir wissen, dass KI in Deutschland gesamtwirtschaftlich zu einer Produktivitätssteigerung von bis zu 16 Prozent führen kann." Wenn KI in Unternehmen nicht stärker eingesetzt werde, "verlieren wir an internationaler Wettbewerbsfähigkeit".
Jobs in Entwicklung und Anwendung von KI werden den Angaben zufolge auf dem Arbeitsmarkt kaum ausgeschrieben. Zwischen 2019 und 2022 habe sich die Zahl der Online-Stellenanzeigen zwar fast verdoppelt - von 97.000 auf 180.000 Stellen. Dies mache aber nur 1,5 Prozent der insgesamt ausgeschriebenen Stellen aus. Seit 2022 stagniere der Anteil. "Dieser Trend setzt sich nach ersten Analysen auch in 2025 fort."
Die absolute Zahl der Stellen mit KI-Bezug war in den vergangenen zwei Jahren leicht rückläufig, wie die Studie der Bertelsmann Stiftung und des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt. Damit folge das KI-Stellenangebot dem Trend sinkender Stellenanzeigen in Folge der Konjunkturflaute. Zum Vergleich: Der Anteil der Stellen im Boom-Bereich Energiewende ist der Analyse zufolge trotz Rezession in 2023/24 weiter auf 3,8 Prozent aller Stellenanzeigen gestiegen.
Die KI-Hauptstadt, also die Stadt mit dem höchsten Anteil von KI-Stellen am Gesamtmarkt, ist München mit 4,5 Prozent KI-Jobanzeigen. Dahinter liegt der Forschungsstandort Karlsruhe mit vier Prozent vor dem Landkreis Böblingen. Ein KI-Schwerpunkt liegt im Süden und Südwesten der Bundesrepublik, wo die Automobilindustrie und deren Zulieferer besonders stark vertreten sind. Gleiches gilt für die Rhein-Ruhrschiene und den Großraum Berlin. Überall dort profitieren auch die umliegenden Kreise.
Abgeschlagen sind dagegen laut Studie die ländlichen Regionen. In der Hälfte aller deutschen Kreise und kreisfreien Städte findet KI am Jobmarkt demnach so gut wie gar nicht statt. "Was im ländlichen Raum fehlt, ist eine hochleistungsfähige (FTTH) Glasfaser-Infrastruktur", sagte Ametsreiter. Man brauche große Data-Center und eine leistungsfähige Glasfaseranbindung, um KI überhaupt ausspielen zu können.
Wenn Firmen allerdings Stellen für KI-kundige Mitarbeitende ausschreiben, dann suchen sie nicht Anwender, sondern vor allem KI-Entwickler - also Spezialistinnen und Spezialisten für das sogenannte Machine Learning oder Large Language Models (LLM). "Auch das ist ein Indiz dafür, dass das Thema noch nicht im Arbeitsalltag der meisten Beschäftigten angekommen ist", hieß es. Die Hitliste der Entwicklerberufe führen demnach Informatiker mit großem Abstand an, gefolgt von Software-Entwicklern und Medieninformatikern.
(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)