Ukraine meldet Unterwasser-Angriff auf Krim-Brücke

Moskau/Kiew (Reuters) - Zwei Tage nach den spektakulären Angriffen auf Stützpunkte für russische Langstreckenbomber hat die Ukraine nach eigenen Angaben erneut ein strategisch wichtiges Ziel des Kriegsgegners getroffen.
Der ukrainische Geheimdienst SBU teilte am Dienstag mit, die für den Nachschub der russischen Truppen wichtige Krim-Brücke mit Sprengstoff beschädigt zu haben. Russische Behörden meldeten, der Straßenverkehr auf der Brücke, die Russland mit der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim verbindet, sei vorläufig unterbrochen worden. Die Regierung in Moskau beharrte unterdessen einen Tag nach den direkten Verhandlungen über ein Ende des Krieges zwischen beiden Parteien auf Forderungen, die aus Sicht der Ukraine einer Kapitulation gleichkommen.
1100 Kilogramm Sprengstoff seien Dienstagfrüh unter Wasser an einem der Pfeiler der Brücke gezündet worden, teilte der SBU mit. Er veröffentlichte ein Video, das eine Explosion neben einem der vielen Stützpfeiler der Brücke zeigt. Reuters konnte den Ort anhand der Struktur und der tragenden Elemente der Brücke bestätigen, die mit Satelliten- und Dateibildern der Gegend übereinstimmten. "Wir haben die Krim-Brücke bereits zweimal getroffen, 2022 und 2023. Heute haben wir diese Tradition unter Wasser fortgesetzt", teilte der SBU mit. Der Anschlag sei über mehrere Monate hinweg vorbereitet worden. Russische Militärblogger erklärten, der Angriff sei erfolglos gewesen, und spekulierten, es sei eine Seedrohne eingesetzt worden.
Die 19 Kilometer lange Krim-Brücke über die Meerenge von Kertsch ist die einzige direkte Verbindung zwischen dem russischen Verkehrsnetz und der Halbinsel Krim. Sie war ein Vorzeigeprojekt des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie besteht aus einer Fahrbahn und einer separaten Eisenbahnstrecke, die beide auf Betonpfählen ruhen und an der Stelle, an der die Schiffe zwischen dem Schwarzen Meer und dem kleineren Asowschen Meer hin- und herfahren, einer breiteren, von Stahlbögen getragenen Spannweite weichen.
Am Sonntag war der Ukraine ein spektakulärer Angriff auf russische Langstreckenbomber Tausende Kilometer von der ukrainischen Landesgrenze entfernt gelungen. Dabei sollen in Containern versteckte Drohnen in die Nähe mehrerer Flugplätze gebracht worden sein, die dann zu einem koordinierten Angriff starteten. Nach ukrainischen Angaben wurden über 40 Maschinen zerstört, darunter auch schwer zu ersetzende strategische Bomber. Auch auf Eisenbahn- und Autobahnbrücken wurden am Wochenende Sabotageakte verübt, bei denen nach russischen Angaben mindestens sieben Menschen starben. Im Zusammenhang mit diesen Angriffen warf Russlands staatliches Ermittlungskomitee der Ukraine Terrorismus vor.
KAUM FORTSCHRITTE BEI DIREKTEN VERHANDLUNGEN
Bei den Bemühungen um eine Feuerpause ist derweil weiterhin kein Fortschritt erkennbar. Einen Tag nach den direkten russisch-ukrainischen Verhandlungen in der Türkei schloss der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, Zugeständnisse nahezu aus. "Bei den Istanbuler Gesprächen geht es nicht darum, einen Kompromissfrieden zu den wahnwitzigen Bedingungen eines anderen zu schließen, sondern darum, unseren schnellen Sieg und die vollständige Zerstörung des Neonazi-Regimes sicherzustellen", schrieb der Vertraute von Präsident Wladimir Putin im Kurznachrichtendienst Telegram mit Blick auf die Regierung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Gleichzeitig kündigte er Rache für die Drohnenangriffe auf die Luftwaffenstützpunkte an: "Vergeltung ist unvermeidlich."
In Moskau dämpfte auch Kremlsprecher Dmitri Peskow Erwartungen, die Verhandlungen würden bald zu Ergebnissen führen. Die Beilegung des Streits sei außerordentlich komplex. Die Arbeit an einer möglichen Einigung werde aber fortgesetzt. Ein persönliches Gespräch zwischen Putin, dem US-Präsidenten Donald Trump und Selenskyj in naher Zukunft sei unwahrscheinlich.
In den USA wollten sich unterdessen der Leiter des ukrainischen Präsidialamts, Andrij Jermak, und die stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko um die Hilfe der Amerikaner bemühen. "Wir planen Gespräche über Verteidigungshilfe und die Lage auf dem Schlachtfeld sowie die Verschärfung der Sanktionen gegen Russland", schrieb Jermak nach seiner Ankunft in Washington auf Telegram. US-Präsident Donald Trump, der im Wahlkampf ein rasches Ende des Krieges versprochen hatte, reagiert zunehmend ungehalten auf die schwierigen Verhandlungen zwischen beiden Kriegsparteien. Aus Sicht von Experten wird die Ukraine den russischen Angriffen ohne Hilfe aus den USA nicht standhalten können.
(Berichterstattung durch Reuters, geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)