Mehr Baugenehmigungen für Wohnungen - "Talsohle erreicht"

Berlin (Reuters) - Der Aufwärtstrend im deutschen Wohnungsbau setzt sich nach Jahren der Krise fort. Die Zahl der Baugenehmigungen wuchs im April um 4,9 Prozent auf 18.500, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte.
Von Januar bis April wurden damit 73.900 Wohnungen genehmigt - das waren 3,7 Prozent oder 2700 mehr als im Vorjahreszeitraum, getragen allerdings allein durch die anziehende Nachfrage nach Einfamilienhäusern. Höhere Zinsen und teure Baumaterialien hatten zuvor den jahrelangen Bauboom beendet.
"Damit wird immer deutlicher: Die Talsohle beim Wohnungsbau in Deutschland ist wohl durchschritten", sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. Bis sich das Plus bei den Genehmigungen auch in eine deutlich stärkere Bauaktivität niederschlage, könnten aber noch einige Quartale vergehen. "Wenn dieses schwache Tempo bei den Baugenehmigungen anhält, wird die Wohnungsnot uns noch lange beschäftigen", warnt der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia angesichts von Hunderttausenden fehlenden Wohnungen. "Dies ist allerdings angesichts der Unsicherheit über den Konjunkturverlauf und die nach wie vor relativ hohen Langfristzinsen keine wirkliche Überraschung."
ZÜNDET DER BAU-TURBO?
Frische Impulse könnten von der Politik kommen. In Berlin tagt an diesem Mittwoch das Kabinett unter Leitung von Vize-Kanzler Lars Klingbeil (SPD). Dabei soll der sogenannte Bau-Turbo beschlossen werden. Dahinter verbergen sich Änderungen im Baugesetzbuch. So sollen Kommunen die Möglichkeit erhalten, Genehmigungsverfahren zu straffen, indem sie von Bebauungsplänen abweichen können. Ziel ist es, dass schneller gebaut, nachverdichtet oder aufgestockt werden kann.
Von Januar bis April stieg allein die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser: Hier gab es ein Plus von 15,4 Prozent auf 14.200, wie das Statistikamt herausfand. Bei den Zweifamilienhäusern gab es dagegen einen Rückgang von 9,7 Prozent auf 4000. Bei der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, stagnierte die Entwicklung nahezu: Hier wurden 38.600 Wohnungen genehmigt und damit 40 weniger als ein Jahr zuvor.
Der leichte Aufwärtstrend könnte sich fortsetzen, hellte sich doch die Stimmung der Unternehmen im Wohnungsbau im Mai auf. Das Barometer für das Geschäftsklima stieg von minus 37,2 Zählern auf minus 31,5 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut bei seiner Umfrage ermittelte. Sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Erwartungen verbesserten sich spürbar. "Die Unternehmen im Wohnungsbau schöpfen vorsichtig Hoffnung", sagte Ifo-Umfragechef Klaus Wohlrabe. "Doch der Weg zurück zur Normalität ist noch lang."
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)