ROUNDUP 2: Merz fordert Verhandlungen - Geteiltes Echo auf US-Angriffe

dpa-AFX · Uhr

(mit neuen Informationen zur Ausreise deutscher Staatsbürger aus Israel aktualisiert)

BERLIN (dpa-AFX) - Nach den nächtlichen Angriffen der USA auf iranische Atomanlagen hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) den Iran dazu aufgefordert, "sofort Verhandlungen mit den USA und Israel aufzunehmen und zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts zu kommen". Das teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius am Sonntag mit.

Zuvor hatte am Morgen angesichts der Entwicklung das Sicherheitskabinett der Bundesregierung unter Leitung von Kanzler Merz getagt. Aus Regierungskreisen hieß es, Merz habe sich im Anschluss mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premier in einer digitalen Schalte über die neue Eskalation im Nahen Osten beraten. Ergebnisse dieser Abstimmungen waren am Nachmittag zunächst nicht bekannt.

Regierung geht von großen Schäden an Irans Atomprogramm aus

Die Bundesregierung geht laut Kornelius davon aus, dass "große Teile des iranischen Nuklearprogramms durch die Luftschläge beeinträchtigt" worden seien. Eine genaue Schadensanalyse werde aber erst später möglich sein.

Die USA hatten in der Nacht zum Sonntag an der Seite Israels in den Krieg gegen den Iran eingegriffen und drei iranische Atomanlagen attackiert. Darunter war auch die gut befestigte unterirdische Uran-Anreicherungslage Fordo. Wie US-Generalstabschef Dan Caine am Sonntag mitteilte, kamen dabei "14 massive bunkerbrechende Bomben" zum Einsatz.

Kanzleramtschef Frei fordert Friedensgespräche

Kanzleramtsminister Thorsten Frei forderte angesichts der Lage direkte Friedensgespräche zwischen dem Iran, den USA und Israel. "Wir versuchen, jede Möglichkeit der Diplomatie zu nutzen, um hier zu einer Lösung des Konfliktes zu kommen", sagte der CDU-Politiker dem ARD-Hauptstadtstudio.

Frei betonte, dass es eine direkte Gefährdung Israels und weit über die Region hinaus gegeben habe. Es sei definitiv so, "dass der Iran die Gespräche der vergangenen Jahre genutzt hat, hauptsächlich um Zeit zu gewinnen". Ziel des Mullah-Regimes sei es gewesen, die Atomwaffe zu bekommen und "Mittelstreckenraketen zu entwickeln, die diese Waffen dann eben auch nicht nur in weite Regionen des Nahen Ostens, sondern eben auch bis nach Europa bringen".

Deutschland wolle einen Beitrag dazu leisten, gemeinsam mit Großbritannien und Frankreich und an der Seite der USA eine gute Lösung zu finden, die nicht zu einer weiteren Eskalation führe. "Aber ob das gelingt, vermag ich im Augenblick nicht zu sagen", sagte Frei.

Mehrere Politiker und Juristen sehen Völkerrechtsbruch

Andere deutsche Politiker reagierten teils sehr kritisch auf die jüngste Eskalation. So betonte etwa der ehemalige SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im "Tagesspiegel" die Gefahr weiterer Kriege und Destabilisierung in der Region.

Die Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger forderte die USA auf, die völkerrechtliche Legitimation für ihr Vorgehen darzulegen. "Militäreinsätze bezogen auf nukleare Anlagen sind besonders gefährlich und vom Völkerrecht nicht gedeckt", erklärte Brugger.

Der Linken-Vorsitzende Jan van Aken kritisierte die US-Angriffe als völkerrechtswidrig. Nur Verhandlungen könnten eine iranische Atombombe verhindern, sagte van Aken. Alle Seiten sollten nun deeskalieren und von weiteren Angriffen absehen. "Wenn der Westen selbst das Völkerrecht verletzt, wird es umso schwerer, globale Unterstützung für die Ukraine und den Kampf gegen den Völkerrechtsverletzer Putin zu gewinnen", warnte van Aken. "Für Putin war das heute daher wieder einmal ein guter Tag."

Auswärtiges Amt kündigt bislang keine weiteren Sonderflüge an

Das Eingreifen der USA in den Krieg zwischen Israel und Iran könnte die Lage auch für Deutsche verschärfen, die aus beiden Ländern ausreisen wollen. Derzeit gibt es weder aus dem Auswärtigen Amt noch aus dem Bundesverteidigungsministerium konkrete Ankündigungen neuer Sonderflüge für deutsche Staatsangehörige, die Israel verlassen wollen.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es: "Sofern die Lage es zulässt, sind wir entschlossen, bei Bedarf auch weitere Sonderflüge durchzuführen." Auch die Möglichkeit weiterer Flüge der Luftwaffe werde "in engem Austausch mit den israelischen Behörden geprüft". Das Verteidigungsministerium teilte auf dpa-Anfrage dazu mit, dass diese Flüge "aus Gründen der militärischen und operationellen Sicherheit" nicht vorab kommuniziert würden.

Zuletzt war am Samstagabend ein Charterflug mit 123 Deutschen an Bord aus der jordanischen Hauptstadt Amman in Frankfurt am Main gelandet. Es war bereits der dritte Sonderflug, den das Auswärtige Amt von Jordanien aus für Menschen, die aus Israel ausreisen wollten, organisiert hatte. Daneben hatte die Bundeswehr in der Nacht zu Samstag mit zwei Maschinen erstmals deutsche Staatsbürger per Sondergenehmigung direkt aus Tel Aviv ausgeflogen. So konnten insgesamt 64 deutsche Staatsbürger das Kriegsgebiet verlassen.

Deutsche sollen Ausreisewunsch explizit hinterlegen

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, dass deutsche Staatsbürger in Israel, die ausreisen wollen, weiterhin "dringend" dazu aufgerufen seien, sich auf der Krisenvorsorgeliste Elefand zu registrieren und dabei explizit den Ausreisewunsch zu vermerken. Die Übergänge nach Jordanien seien weiter geöffnet./yydd/DP/he

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