Amerika, Du hast es besser!

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Dieser Ausspruch stammt von keinem geringeren als Johann Wolfgang von Goethe. In Zeiten eines von Donald Trump regierten Amerikas ist das für jeden überzeugten Europäer nicht gerade das nahe liegende Zitat, das einem zu den USA einfällt - das gebe ich zu. Wer möchte schon in einem Land leben, das sich zunehmend isoliert und dessen Präsident kleine Kinder von Ihren Eltern trennen lässt, als Bestrafung und Abschreckung für bzw. vor einem illegalen Grenzübertritt. Auch für mich erschien die USA noch nie unattraktiver als mögliches Auswanderungsland als heute, wobei ich allerdings nie vor hatte, unsere schöne Heimat zu verlassen.

Auch ohne direkte Zölle leidet Europas Wirtschaft

Ökonomisch betrachtet sieht das Bild jedoch anders aus. Mit dem Handelskonflikt, den Donald Trump vom Zaun gebrochen hat und der sich zunehmend zu einem Handelskrieg auswächst, ändern sich die Dinge massiv. Bis vor ein paar Monaten erschienen europäische Aktien deutlich attraktiver als amerikanische. Vor allem die günstigere Bewertung sprach für europäische und auch viele deutsche Titel. Dazu kamen die tieferen und damit noch unattraktiveren Zinsen im Euroraum und das gleichzeitig anziehende Wachstum. Doch nun haben sich die Koordinaten verändert. Deutschland als wichtigste Stütze für Europas Wirtschaft könnte massiv unter einem Handelskrieg leiden.

Handel in einer globalen Welt funktioniert unilateral

Noch gibt es die Zölle von 25 Prozent auf Autoimporte nicht. Doch selbst wenn Trump sich zunächst auf die unfairen Handelspraktiken Chinas konzentriert - ganz unrecht hat er im Übrigen mit der Feststellung ja nicht - würde die deutsche Wirtschaft ebenfalls leiden. Zunächst einmal führt die Situation zu Unsicherheit mit der Folge, dass Investitionen zurück gestellt werden. Die gestrige Gewinnwarnung von Daimler hat bereits die ersten realen Auswirkungen in einer deutschen Unternehmensbilanz offen gelegt. Das Wachstum kam in den vergangen Jahren vor allem aus China und Fernost. Verkaufen die Chinesen weniger in den USA, haben sie auch weniger Kaufkraft für deutsche Produkte. Handel in einer globalisierten Welt ist immer unilateral zu betrachten.

In der Krise geht das Geld zurück in die Heimat

Unter diesen Bedingungen erscheinen US-Aktien nun wieder attraktiver als europäische. Und das aus mehreren Gründen. Zum einen brummt die US-Wirtschaft aufgrund der Steuerreform und steigen die Unternehmensgewinne. Das wäre jedoch auch ohne Handelsstreit so und vielleicht sogar noch besser. Warum Aktien aus den USA vor allem derzeit sicherer erscheinen, ist die Gefahr eines weltweiten Einbruchs. Man ist fast geneigt zu sagen, traditionell halten sich US-Aktien bei Einbrüchen deutlich besser. Das war fast immer so. Egal ob 1997, 1998, 2000 - 2003, 2008 - 2009 und 2011, immer ging es mit dem DAX deutlich schärfer abwärts. Und das ist kein Zufall. Zum einen ist der US-Markt der liquideste und zum anderen investieren US-Anleger in der ganzen Welt und holen in Krisenzeiten die Gelder zurück. Zur Erinnerung: 50 Prozent der deutschen DAX-Titel liegen in Händen angelsächsischer Investoren.

Das was sich zuletzt gezeigt hat, könnte daher weiterhin gelten. Während die US-Technologie-Börse Nasdaq vor zwei Tagen neue Rekorde erreichte und der breiter gefasste S&P 500 Index nicht weit davon entfernt ist, loten europäische Aktien das Kursterrain nach unten aus. So oder so dürfte die Welt und auch die Börsenwelt  im zweiten Halbjahr noch unruhiger werden.

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