Analyse: Biontech-Aktie kommt trotz guter Nachrichten nicht mehr richtig in die Gänge – Kann sich ein Einstieg noch lohnen?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Zu Wochenbeginn legte das Papier von der Mainzer Biotech-Schmiede über 8 Prozent zu. Heute geht es allerdings schon wieder über 5 Prozent abwärts. Von Ihrem Allzeithoch bei 464 Dollar hat die Biontech-Aktie seit Mitte August vergangenen Jahres mittlerweile über 50 Prozent an Wert eingebüßt. Nach einem kurzen Aufbäumen gegen Ende 2021 steht die Aktie aktuell wieder so tief wie im Juli 2021. Der Corona-Impfstoff scheint die Aktie und den Umsatz nicht mehr in die Höhe zu treiben. Aus einer heute veröffentlichen Investoren-Präsentation aus der die Nachrichtenagentur Reuters zitiert, geht hervor, dass Biontech im laufenden Jahr nur im besten Fall den Umsatz von 2021 wiederholen bzw. steigern kann.

16 bis 17 Milliarden Umsatz im abgelaufenen Jahr 

Aufgrund der ausgegebenen Prognose erwarten die Mainzer für das abgelaufene Jahr Erlöse in Höhe von 16 bis 17 Milliarden Euro. 2022 geht Vorstandschef Ugur Sahin von einer Spanne von 13 bis 17 Milliarden aus, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Investoren-Präsentation hervorgeht. Damit muss sich Biontech also strecken, um die Erlöse von 2021 zu übertreffen. Vielleicht ist auch das der Grund, warum die Aktie heute wieder einen Großteil seiner Verluste wieder abgibt. Eigentlich ist die Nachrichtenlage bei Biontech ja gut.

Omikron-Impfstoff schon im März

Biontech bekräftigte bei der Präsentation, dass ein an die Omikron-Variante des Coronavirus angepasster Impfstoff bereits im März zur Verfügung stehen könnte. Insgesamt strebt das Unternehmen in diesem Jahr weiterhin eine Produktionskapazität von bis zu vier Milliarden Impfdosen an. Neben den Zahlen zum aktuellen Geschäftsjahr hat Biontech zusammen mit dem britischen KI-Spezialisten InstaDeep zudem ein Frühwarnsystem entwickelt, dass die weltweit verfügbare Sequenzierungsdaten analysiert und Hochrisikovarianten von SARS-CoV-2 vorhersagt.

KI-Hilfe zur besseren Vorbeugung

„Mit den neuen Berechnungsmethoden, die wir in den letzten Monaten entwickelt haben, können wir die Sequenzinformationen des Spike-Proteins analysieren und neue Varianten nach ihrem vorhergesagten Immune-Escape- und ACE2-Bindung-Score einordnen“, sagte Prof. Ugur Sahin, CEO und Mitgründer von Biontech. „Die frühzeitige Erkennung potenzieller Hochrisikovarianten könnte ein wirksames Instrument sein, um Forscher, Impfstoffentwickler, Gesundheitsbehörden und politische Entscheidungsträger zeitnah zu warnen und so mehr Zeit für die Einleitung entsprechender Maßnahmen gegen bedenkliche neue Virusvarianten zu haben.“

Neue Partnerschaft zur Krebsbekämpfung

Aber nicht nur im Kampf gegen Corona vermeldet Biontech fortschritte. Auch beim Kampf gegen Krebs haben die Mainzer einen neue Partnerschaft eingetütet. Zusammen mit Crescendo, ein Immuno-Onkologie-Unternehmen, das neuartige, zielgerichtete T-Zellen verstärkende Therapeutika entwickelt, haben die Mainzer eine Forschungskollaboration zur Entwicklung neuartiger Immuntherapien zur Behandlung von Krebs und anderen Erkrankungen abgeschlossen. Die anfängliche Laufzeit der Forschungskooperation beträgt drei Jahre.

Crescendo erhält im Zuge der Partnerschaft eine Vorauszahlung von 40 Millionen Dollar von Biontech, zudem winken der Firma erfolgsabhängige Meilensteinzahlungen von insgesamt mehr als 750 Millionen Dollar. An allen Immuntherapien, die aus der Kooperation hervorgehen, wird Biontech die exklusiven weltweiten Entwicklungs- und Vermarktungsrechte halten, wie das Mainzer Biotechunternehmen am Montag mitteilte. Crescendo erhält wiederum Lizenzgebühren auf Umsätze mit den Produkten.

Neuer mRNA-Impfstoff mit Pfizer

Schon früh im neuen Jahr gab es zudem noch die Nachricht, dass Biontech und Pfizer zusammen den ersten mRNA-basierten Impfstoffs zur Vorbeugung von Gürtelrose entwickeln. Gürtelrose ist eine schwächende, entstellende und schmerzhafte Erkrankung, an der etwa einer von drei US-Amerikanern einmal im Laufe seines Lebens erkrankt. Nach 2018 (Grippeimpfstoff) und 2020 (Corona-Impfstoff) ist dies die dritte Kooperation zwischen Biontech und Pfizer. Im Rahmen der Vereinbarung werden die beiden Unternehmen eine von Pfizers Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entwickelte, unternehmenseigene Antigen-Technologie sowie die von Biontech entwickelte unternehmenseigene mRNA-Plattformtechnologie nutzen. Ein ähnliches Vorgehen, wie beim Corona-Impfstoff.

Aktie nicht wirklich beeindruckt 

Trotz der guten Nachrichten tritt das Papier von Biontech zu Jahresanfang mit hoher Volatilität eher auf der Stelle. In der recht kurzen Zeit im neuen Jahr hat der Kurs schon die Unterstützung bei 200 Dollar getestet und die Marke von 230 Dollar.  So volatil dürfte es in etwa auch im laufenden Jahr weiter gehen.

Impfstoff-Aktien haben aktuell einen schweren Stand bei den Anlegern. Das liegt zum einen daran, dass die Omikron-Variante als „milder“ eingeordnet wird und zum anderen, dass immer mehr Medikamente gegen Corona auf den Markt kommen, wie zum Beispiel die „Corona-Pille“ von Pfizer. Novartis und Molekular Partners haben heute gute Phase-II Daten für eine weitere „Corona-Tablette“ veröffentlicht, was die Anleger zusätzlich verunsichert.

Daher sollten sich aktuell nur Anleger die Aktie ins Depot holen, die einen langen Atem halten. An den Märkten haben die großen Gewinner der Corona-Pandemie gerade einen schweren Stand. Dieses Szenario könnte sich durch das ganze Jahr ziehen. Biontech ist zwar hervorragend aufgestellt und kann die weitere Forschung für mRNA basierte Impfstoffe oder Medikamente aus der eigenen Tasche finanzieren, aber für neue Fantasie dürfte jetzt eher eine Nachricht außerhalb des Corona-Universums sorgen, damit Biontech nicht nur auf Covid-19 reduziert wird.

Langfristig orientierte Anleger dürften daher noch Freude an der Aktie haben. Allerdings ist dafür erst einmal ein dickes Fell und Geduld gefordert.

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Von Markus Weingran

Foto: Homepage Biontech

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