Apple: Der Wandel im Konzern hat begonnen – Leider auf dem schwierigsten Weg den es gibt!

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Das Apple ein Problem hat, ist hinlänglich bekannt. Die Verkäufe des iPhones sind rückläufig und der Technologie-Riese sucht nach neuen Einnahmequellen, um die Abhängigkeit von seinem Flaggschiff zu verkleinern. Die Mannschaft rund um den Vorstandsvorsitzenden Tim Cook hat Montag-Abend eine Strategie vorgestellt, wie das jetzt funktionieren soll. Drei neue Standbeine sollen den Wandel im Konzern forcieren. Aber reicht das wirklich aus, um Apple wieder auf den gewohnten Wachstumspfad zurückzuführen?

„Apple TV Plus“

Ab Herbst sollen im Auftrag des Konzerns gedrehte Serien und Filme exklusiv verfügbar sein. Dafür hat Apple für einzelne Projekte bekannte Filmemacher wie Steven Spielberg und J. J. Abrams sowie Hollywood- und TV-Stars wie Oprah Winfrey, Jennifer Aniston und Reese Witherspoon gewonnen. Einige der schillernden Namen kamen sogar am Montag selbst nach Cupertino, um kurz ihre Projekte vorzustellen.

Damit startet Apple einen Angriff auf Netflix und Amazon Prime. Allerdings ist fraglich, ob der iPhone-Produzent hier wirklich die dicken Fische an Land ziehen kann. Große Stars der Branche sind sicherlich ein gutes Argument, allerdings dürfte das Angebot von Apple zum Start im Herbst wesentlich kleiner sein, als das der Konkurrenz. Ob dann die großen Namen allein ausreichen, um die Abonnenten zum Wechsel zu bewegen, ist mehr als fraglich. Zudem wird auch nur wenig später Walt Disney mit seinem Streamingdienst an den Start gehen. Marvel, Star Wars und die ganzen Disney-Filme sind ein gewaltiges Pfund für den amerikanischen Unterhaltungskonzern.

Mit dem Einstieg in das Haifischbecken Streaming hat sich Apple meiner Meinung nach keinen großen Gefallen getan. Der Markt ist schon jetzt hart umkämpft und Platzhirsch Netflix sitzt sehr fest im Sattel. Zudem rechne ich damit, dass Walt Disney, mit dem wohl größten und interessantesten Programm, allen Playern in der Branche das Leben sehr schwer machen wird. Die Chancen das Apple sich hier ein großes Stück vom Kuchen sichert, sind meiner Meinung nach eher gering.

„Apple News Plus“

Beim neuen Nachrichten-Angebot von Apple stellte Tim Cook vor allen Dingen die Kosten in den Vordergrund. Alle einzelnen Abos zusammengerechnet würden rund 8.000 Dollar im Jahr kosten, erklärte der Firmenlenker. Familienmitglieder können für die 9,99 Dollar pro Monat mitlesen. Eine wichtige Funktion der App könnten personalisierte Vorschläge für neue Magazin-Ausgaben und einzelne Artikel sein. Das Layout der Artikel wird speziell an die Bildschirmgröße von iPhone und iPad angepasst.

Apple hatte bereits vor einiger Zeit die App „Texture“ gekauft, die Deals mit verschiedenen Magazin-Verlagen in den USA hatte. Im Herbst soll die App auch in Australien und Großbritannien starten. Ob und wann der Dienst nach Deutschland, Österreich oder die Schweiz kommen wird, wurde nicht gesagt.

Hört sich zunächst nicht schlecht an. Im Vorfeld der Präsentation wurde allerdings schon bekannt, dass die Verleger mit dem Kostenmodell nicht ganz einverstanden sind. Apple fordert wohl eine größere Beteiligung als normal üblich ist. Nicht nur aus diesem Grund sollen wohl die „New York Times“ und die „Washington Post“ nicht dabei sein, wie am Rande durchsickerte. Zugesagt haben dafür das „Wall Street Journal“ und die „Los Angeles Times“. Ob die App am Ende einschlägt, hängt sicherlich vom Angebot ab. Solange nicht klar ist, wer alles dabei ist, lassen sich die Erfolgschancen schwer beurteilen. Die Idee ist sicherlich nicht schlecht, aber ob die Nachfrage für einen News-Streamingdienst wirklich sehr hoch ist, muss angezweifelt werden.

Daher fällt das zweite Standbein für mich unter die Rubrik netter Versuch, der erst noch beweisen muss, dass er auch eine Zukunft hat. Und die wird durch die Nachfrage bestimmt. Hier werden wir dann sehen, ob Apple konkrete Zahlen für die drei neuen Standbeine ausweißt oder alle drei in einem Topf packt und es so schwer zu sehen ist, was ankommt und was nicht.

„Apple Arcade“

Das dritte neue Standbein ist auf die Zocker ausgerichtet. Ebenfalls im Herbst soll ein Spiele-Abo mit dem Namen „Apple Arcade“ starten. Dabei soll es keine Werbung oder zusätzliche Gebühren geben. Zunächst gab es keine Angaben zum Abo-Preis oder den verfügbaren Spiele-Titeln. Zuvor wurde viel über die Möglichkeit spekuliert, dass Apple Bündel-Angebote für mehrere Dienste verkaufen könnte.

Für eine Einschätzung dieses Angebotes ist es noch viel zu früh. Hier muss Apple schon etwas konkreter werden. Gibt es Kooperations-Partner? Auch hier begibt sich Apple auf ein schwieriges Terrain. Der Markt ist ebenfalls hart umkämpft. Electronic Arts, Activision, Take2 und Ubisoft sind hier feste Größen bei den Spieleschmieden. Springt einer der Big-Player mit auf den Apple-Zug auf? Ich denke nicht. Alle Spieleschmieden haben sich gut im Markt positioniert und profitieren immer mehr vom boomenden E-Sports-Markt, der mittlerweile bei den Final-Spielen ganze Fußballstadien füllt. Daher ist die große Frage: Welche Spiele will Apple hier im Paket anbieten und reicht das Angebot für eine große Nachfrage?

Auch hier bin ich eher skeptisch. Der Gaming-Markt ist genauso heiß umkämpft, wie der Streaming-Markt. Auch hier dürfte der Name Apple alleine nicht mehr reichen, um scharenweise neue Abonnenten an Land zu ziehen.

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Fazit:

Apples Neuausrichtung findet in einem hart umkämpften Umfeld statt. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Apple nun versucht auf einen Schlag versäumtes nachzuholen. Allerdings ist es jetzt wesentlich schwieriger mit den drei neuen Säulen des Konzerns zu punkten. Netflix, Amazon, Walt Disney oder „Die großen Vier“ der Gaming-Branche sind ebenfalls gestandene Konzerne, die den Name Apple nicht fürchten. Sie haben sich mittlerweile in ihren Märkten fest etabliert.

Cupertino hat die Märkte, die es jetzt erobern möchte, jahrelang belächelt oder komplett vernachlässigt. Das macht es für mich umso schwerer zu glauben, dass Apple mit seiner jetzigen Aufholjagd wirklich durchschlagenden Erfolg hat. Sicherlich dürften Apple Arcade und News keine hohen Anlaufkosten verursachen und relativ schnell profitabel werden, allerdings dürfte das im gesamten Konzern eher ein Tropfen auf den heißen Stein sein.

Das neue Streaming-Angebot dürfte das genaue Gegenteil darstellen. Hochwertige Serien und Filme haben einen hohen Preis, der auch wieder eingespielt werden will. Auch die ganzen Stars, die jetzt dabei sind, werden bestimmt nicht aus Spaß an der Freud mitmachen. Auch sie werden sicherlich nicht schlecht für ihre Dienste entlohnt.

Apple hat zwar mehr als genug Geld auf der hohen Kante und kann die Vorlaufkosten ohne große Mühen stemmen, allerdings soll ja vor allen Dingen diese Sparte die sinkenden Verkaufszahlen der iPhones kompensieren. Bis dies soweit ist, dürfte allerdings noch einige Zeit ins Land gehen. Das Beispiel Netflix hat gezeigt, wie lange es dauert bis ein Streamingdienst profitabel wird. Und auf diesem Weg hat Netflix zunächst auf eigene Produktionen verzichtet.

Apple hat sich zulange auf sein iPhone und seinen guten Namen verlassen und dabei andere Geschäftsfelder vernachlässigt. Jetzt möchte Cupertino dies quasi auf einen Schlag nachholen. Ganz so einfach dürfte dies allerdings nicht werden und die Anleger werden genau hinschauen, ob der US-Konzern jetzt den richtigen Weg eingeschlagen hat und wie er sich in Zahlen ausdrückt.

Seit Jahresanfang hat sich die Aktie zwar wieder um fast 30 Prozent erholt und Apple hat sich den Titel wertvollster Konzern der Welt wieder von Amazon und Microsoft zurückerobert, trotzdem dürften die Anleger wachsam sein. Sollten die Zahlen weiterhin deutliche Schwächen aufweisen könnte der Titel auch schnell wieder futsch sein.

Von Markus Weingran

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Foto: Songquan Deng / Shutterstock.com

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