Aus Vielflieger- wird Vielzahler-Programm

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Bonusprogramme für Vielflieger sind bei weitem nicht so alt wie die globale Luftfahrt. Die Belohnungssysteme wurden erst seit Anfang der 1980er-Jahre schrittweise von den Fluggesellschaften eingeführt. Doch mit den Jahren wurden sie immer wichtiger: Mittlerweile kann man den Eindruck gewinnen, dass Programme wie „Miles & More“ der Lufthansa für Geschäftsreisende eine ähnlich hohe Bedeutung haben, wie die Flüge selbst.

Das Prinzip ist dabei ganz einfach: Gute Kunden werden für ihre Treue belohnt. Es werden (Flug-)Meilen gesammelt, die später als Freiflüge, Upgrades der Buchungsklasse oder auch Sachleistungen eingelöst werden können.

Doch jetzt wagt die US-Fluggesellschaft Delta Airlines eine viel beachtete Änderung in ihrem Vielfliegerprogramm. Delta kündigte als erste große Airline ein neues Modell an: Ab dem 1. Januar 2015 zählen beim Meilensammeln nicht mehr die geflogenen Kilometer, sondern die Kosten für das Ticket. Nur der harte Dollar ist wichtig. „Umsatzbasiertes Sammeln von Meilen“, nennt Delta das Modell, das bisher schon US-Billigflieger wie Southwest oder Jetblue Airways, aber auch die deutsche Germanwings ähnlich anwenden. Der Name „Sky Miles“ bleibt trotzdem erhalten, obwohl das Programm jetzt doch eigentlich „Sky Revenue“ heißen müsste.

Pro Dollar gibt es fünf bis elf Meilen – je nach Status des Vielfliegers. Im „Boomerang Club“ genannten Programm der Lufthansa-Billigtochter Germanwings sind es pauschal zehn Meilen pro ein Euro Umsatz.

Die Betroffenen sich noch uneins, was sie von dem Modell bei Delta halten sollen. In Vielflieger-Foren wird die Umstellung heiß diskutiert. Die Bewertung reicht von Lob bis Tadel. „Na endlich: Die erste Airline traut sich, Transparenz in die Meilenvergabe zu bringen“, schreibt ein Nutzer im „Vielfliegertreff“. „Delta ist eindeutig der Totengräber von jeglichem Spaß an der Sache...“, ein anderer.

Dass eine kleine Gruppe von Passagieren einen großen Anteil am Umsatz seiner Gesellschaft ausmacht, hatte schon Robert Crandall erkannt. Der ehemalige Chef von American Airlines gilt als Erfinder der Vielfliegerprogramme. Delta setzt mit der Umstellung nun stärker denn je auf Kunden, die teure Flugtickets kaufen, also möglichst viel Umsatz bringen. Es profitieren „vor allem vielfliegende Geschäftsreisende sowie Urlaubsreisende, die in Premium-Tarifen mit Delta unterwegs sind“, schreibt das Unternehmen in einer Mitteilung.

3.000 statt 9.000 Meilen

„Der Schritt gibt das Vielfliegerprogramm den Vielfliegern zurück“, sagte Experte Randy Petersen vom Fachmagazin „Inside Flyer“ der Nachrichtenagentur Bloomberg. „In den vergangenen zehn bis 15 Jahren waren bei den Programmen alle gleich.“

Verlierer werden diejenigen sein, die zwar viel, aber vergleichsweise günstig fliegen – da sind sich auch die Vielflieger einig. „Da viele Vielflieger auch Vielmaximierer sind, wird es einige Sky-Miles-Kunden sehr sehr sehr schmerzen“, schreibt ein Nutzer im „Vielfliegertreff“, gibt sich aber einsichtig: „Das neue System ist mehr als fair, das müssen auch die heutigen Verlierer zugeben.“ In die teils kaum nachvollziehbare Berechnung der Bonusmeilen werde endlich Transparenz einziehen.

Delta könnte sich mit der Umstellung aber auch ins eigene Fleisch schneiden. „Die eigentlichen Verlierer werden die Airlines selbst sein“, meint ein anderer Nutzer. „Denn sie berauben sich der Wirkung des Vielfliegerprogramms und die Loyalität (Anm.: der Kunden) wird weiter sinken.“

Um die Umstellung möglichst reibungslos über die Bühne zu kriegen, hat Delta sie mit zehn Monaten Vorlauf angekündigt. Auf der Webseite hat die Fluggesellschaft einen Vergleichsrechner bereitgestellt. Zumindest auf der untersten Vielfliegerstufe („General Member“) werden die Meilen wohl stark zusammenschrumpfen. Für einen einfachen Flug von Düsseldorf zum Delta-Heimatflughafen Atlanta (US-Bundesstaat Georgia) zum Preis von 600 Dollar bekommt man aktuell gut 9000 Meilen. Ab dem 1. Januar werden es nur noch 3000, dann umsatzbasierte Meilen sein.

Manch ein Vielflieger zieht daher schon jetzt Konsequenzen: Er werde persönlich Delta in Zukunft meiden, schreibt ein Nutzer im „Vielfliegertreff“.

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