China reformiert Zinspolitik – Experten: „faktische Zinssenkung“ – Doch das birgt auch Risiken für die chinesische Wirtschaft

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

China reformiert seine staatlich gesteuerte Zinspolitik. Wie die Notenbank des Landes am Wochenende mitteilte, sollen die Banken ihre Neukreditvergabe an einem neuen Zinssatz ausrichten. Dieser liegt spürbar tiefer als der zuvor maßgebliche Zins der Zentralbank. Fachleute sprachen daher von einer faktischen Lockerung der Geldpolitik.

Nach Angaben der chinesischen Notenbank sollen die Banken ihre neuen Kredite künftig nach Maßgabe der sogenannten „Loan Prime Rate“ (LPR) vergeben. Das ist der Zins, den die Banken bisher nur ihren besten Kunden berechnen. Entsprechend liegt der Zins deutlich tiefer als der bisher maßgebliche einjährige Leitzins der Regierung, der gegenwärtig 4,35 Prozent beträgt. Für bestehende Kredite soll allerdings weiterhin der ältere, höhere Zinssatz gelten.

„Durch die Reform und Verbesserung des Bildungsmechanismus von LPR werden wir in der Lage sein, marktbasierte Reformmethoden anzuwenden, um die realen Kreditzinsen zu senken“, heißt es in einer Erklärung, die auf der Website der Peoples Bank of China veröffentlicht wurde.

Die meisten Analysten gehen weiterhin davon aus, dass die Zentralbank die Mindestreservesätze (RRR) der Banken in den kommenden Monaten weiter senken wird, um Mittel für die Kreditvergabe freizugeben und die Finanzierung von lokalen Projekten zu ermöglichen.

Zinssenkung ist auch für die Chinesen ein Spiel mit dem Feuer

Experten bewerteten den Schritt als zusätzliche Liberalisierung des traditionell staatlich geprägten Zinssystems Chinas. Das bedeute aber nicht, dass die Notenbank die Zügel aus der Hand gebe, kommentierte Commerzbank-Fachmann Hao Zhou. De facto komme der Schritt einer geldpolitischen Lockerung gleich.

Chinas Wirtschaft hat sich in den vergangenen Quartalen Zug um Zug abgekühlt. Eine starke Belastung stellt der Handelsdisput mit den USA dar. Mit Zinssenkungen hat sich China in der letzten Zeit zurückgehalten. Als ein Grund dafür gilt, dass China den bereits überhitzten Immobilienmarkt nicht noch weiter anheizen will.

Das beispiellose Wachstum der letzten Jahrzehnte hat viele Investorengelder in das Land gespült. Das Investieren in eine Wirtschaft mit jahrelangen Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich – bei gleichzeitig niedrigen Zinsen für Kredite beispielsweise in den USA – hat es für die Anleger zu einem Selbstläufer gemacht, da Gewinne fast automatisch durch steigende Preise erzielt werden konnten, egal ob das Investment wirklich nachhaltig lukrativ war oder nicht. Durch diese lange herrschenden Umstände hat sich in China eine gigantische Blase vor allem im Immobiliensektor gebildet, deren wahres Ausmaß im Grunde nicht genau eingeschätzt werden kann, auch weil die chinesischen Wirtschaftsdaten von einer überwiegenden Zahl der Markt-Experten aufgrund von intransparenten Erhebungsmethoden als nicht valide betrachtet werden.

Zudem würde eine deutliche Zinssenkung wohl auf erhebliche Kritik in den USA stoßen. Die letzte Abwertung des Yuan hat bereits für massive Kritik seitens Trump gesorgt und für eine weitere Verschärfung des Handelsstreits gesorgt.

Der Schritt ist also bei weitem nicht ohne Risiko zu gehen und zeigt, dass die Chinesen ebenfalls durch die Auswirkungen des Handelsstreits stark unter Druck gesetzt werden. Der Zeitpunkt der Zinssenkung dürfte auch jetzt gewählt sein, da Trump jüngst durch die Verschiebung der nächsten Zölle eine Schwäche der US-Wirtschaft offenbart hat. Die Zoll-Verschiebung soll vor allem den Einzelhandel vor zu großem Schaden bewahren. Es ist unwahrscheinlich, dass Trump nach dieser jüngsten Maßnahme der Chinesen deshalb wieder Gegenmaßnahmen in den Raum wirft, um die eigene Wirtschaft und die US-Aktienmärkte nicht direkt wieder auf Talfahrt zu schicken.

(onvista/dpa-AFX)

Titelfoto: My Life Graphic / Shutterstock.com

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