Der Euro dürfte weiter steigen

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Als Donald Trump ins Weiße Haus einzig, da waren alle der Ansicht, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis der Euro zum Dollar die Parität erreicht. Die US-Notenbank war ohnehin auf Zinserhöhungskurs und mit den Investitions- und Steuersenkungsprogramm der neuen Regierung sollte die US-Wirtschaft durch die Decke gehen. Heute, ein halbes Jahr nachdem Trump nun die Regierungsgeschäfte innehat, ist von dieser Euphorie nicht viel zu erkennen. Der Euro ist weit vom Umtauschverhältnis 1 : 1 entfernt, sondern notiert so hoch wie seit knapp zwei Jahren nicht mehr.

Besoffen von sich selbst

Die Wirtschaftszahlen sahen nach der Wahl von vermeintlich gut aus. Doch was zulegte waren nur die Stimmungsindizes aus der Wirtschaft und das Verbrauchervertrauen, gemessen von den regionalen Notenbanken, vom Conference Board und der Universität Michigan. Die realen Fakten gaben  das bis heute nicht her. Auftragseingänge, Industrieproduktion, Autoverkäufe und Immobilienmarkt, alles deutet derzeit eher auf eine Konjunkturabkühlung hin. Allein der Arbeitsmarkt liefert solide Zahlen, allerdings nur auf den ersten Blick. Donald Trump wäre nie gewählt worden, wenn in den USA tatsächlich Vollbeschäftigung herrschen würde. Neue Jobs versprach er den Bürgern. Wie sollte ein solcher Wahlslogan verfangen, wenn alle einen Job hätten. In Wirklichkeit haben in den USA viele bereits die Hoffnung verloren, einen Job zu finden und melden sich nicht mehr arbeitslos. Die Amerikaner waren nach den Wahlen nur besoffen von sich selbst.

Europa auf solidem Vormarsch

Über Europa schwebten in den Köpfen der Investoren hingegen immer noch Gewitterwolken. Das Gezänk mit Griechenland um die Auszahlung der Hilfsgelder, die politische Unsicherheit in Italien, die Wahlen in Frankreich und nicht zu vergessen der Brexit. Fast unbemerkt verbesserten sich die Wirtschaftszahlen in der Eurozone aber plötzlich wieder und zwar auch die harten Fakten. Es fing im lange krisengeplagten Spanien an und hat nun sogar auch Italien erreichen, wenn auch von tiefem Niveau. Die erzwungen Strukturreformen unterstützt von der ultralockeren Geldpolitik der EZB scheinen Wirkung zu zeigen. Und von der Wahl in Frankreich und der damit verbundenen Aufbruchsstimmung geht nun eine echte Strahlkraft aus. Die nationalistischen Populisten sind zunächst zurückgedränkt.

Der Euro kommt von knapp 1,60

Man kann es sich heute kaum mehr vorstellen, aber der Euro erreicht vor der Finanzkrise knapp 1,60. Das war sicher zu teuer und über der Kaufkraftparität, aber der aktuelle Kurs ist noch immer zu niedrig. Bei 1,17 ist nun zunächst ein Widerstand, doch wenn der genommen ist, sollte es zügig auf die 1,20 durchlaufen. Denn Europa wird sich weiter erholen, weil es Strukturverbesserungen gibt, während es ganz so aussieht, dass Trump und seine Gesetzesvorhaben allesamt zu Rohrkrepierern werden. Und damit bleiben die strukturellen Schwächen der US-Wirtschaft, die seit Jahren auf Pump lebt und seit Jahren mehr konsumiert als produziert.

Meistgelesene Artikel