Deutsche Bank: Deutschland wird von Coronavirus hart getroffen

dpa-AFX · Uhr

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Folgen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus könnten in Deutschland nach Einschätzung der Deutschen Bank zu einer Rezession führen. "Die exportorientierte deutsche Wirtschaft wird durch die Unterbrechung von internationalen Lieferketten besonders schlimm getroffen", sagte Stefan Schneider, Chefvolkswirt für Deutschland, am Donnerstagabend in Frankfurt. Es sei daher wahrscheinlich, dass die deutsche Wirtschaft in den ersten beiden Quartalen des Jahres schrumpft.

Auch im Gesamtjahr dürfte das Wachstum "nicht viel" über der Nulllinie liegen, sollte das von der Bank erwartete Hauptszenario eintreten, sagte Schneider. Die bisherige offizielle Prognose eines Wirtschaftswachstums von 0,7 Prozent wäre in einem solchen Fall nicht zu halten.

In ihrem Hauptszenario erwartet die Deutsche Bank, dass die Zahl der am Coronavirus erkrankten Menschen weltweit auf drei Millionen steigt und das 30 000 Menschen sterben. Diesem Szenario bemisst Deutsche Bank-Chefvolkswirt David Folkerts-Landau eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent bei. Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte in diesem Fall ihren Einlagesatz von derzeit minus 0,5 Prozent auf bis zu minus 0,7 Prozent reduzieren. Laut Folkerts-Landau wären diese Zinssenkungen aber vollkommen unwirksam.

"Ich empfehle der Notenbank gezielte Kreditprogramme für Unternehmen", sage Folkerts-Landau. Dies könnte beispielsweise der angeschlagenen Modeindustrie in Norditalien helfen. In erster Linie sei im Falle einer weiteren Verschärfung der Krise der Staat gefragt. Insbesondere in Deutschland böten sich Investitionen in die marode Infrastruktur und in neue Technologien an.

Ein weiteres Risiko sieht Folkerts-Landau bei den Verhandlungen mit der EU über ein Handelsabkommen mit Großbritannien. "Ich bin sehr pessimistisch, dass es zu einer Einigung kommt", so der Ökonom. In der britischen Regierung sei die Bereitschaft groß, ohne ein Abkommen den Binnenmarkt zu verlassen. In der neuen Regierungsmannschaft gebe es viele Befürworter eines harten Brexits. Dies werde in der EU immer noch unterschätzt. Die britische Regierung und die Notenbank des Landes dürfte in diesem Falle alles tun, um das britische Pfund zur Stützung der Wirtschaft zu schwächen, sagte Folkerts-Landau./jsl/jkr/mis

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