Deutsche Produktion sinkt überraschend - Chips fehlen

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Berlin (Reuters) - Trotz prall gefüllter Auftragsbücher kommt die Produktion in der deutschen Wirtschaft nicht so richtig in Gang.

Wegen Engpässen bei Halbleitern, Bauholz und anderen Vorprodukten stellten Industrie, Bau und Energieversorger im April sogar ein Prozent weniger her als im März, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten dagegen einen Anstieg um 0,5 Prozent erwartet, nachdem es im Vormonat noch zu einem Plus von 2,2 Prozent gereicht hatte. "Nach dem Anstieg im März kam es somit im April zu einem leichten Dämpfer, der durch eine Knappheit bei Vorprodukten (vor allem Halbleiter und Bauholz) verursacht wurde", so das Ministerium. Im Vergleich zum Februar 2020, dem Monat vor dem Beginn der Corona-Einschränkungen, lag die Produktion um 5,6 Prozent niedriger.

Die Industrieproduktion allein schrumpfte um 0,7 Prozent. "Das ist angesichts des hohen Auftragsbestandes schon eine leichte Enttäuschung", sagte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. "Einmal mehr zeigt sich, dass die Industrie noch von indirektem Pandemiedruck betroffen ist", konstatierte der Chefvolkswirt des Bankhaus Lampe, Alexander Krüger. "Längere Lieferzeiten und Materialengpässe sind eigentlich Zeichen einer Hochkonjunktur, die derzeit aber gar nicht besteht." Beim Bau gab es im April einen Rückgang von 4,3 Prozent. Die Energieerzeugung legte dagegen spürbar zu, und zwar um 6,0 Prozent zum Vormonat.

Die Produktionserwartungen der Industrie verschlechterten sich im Mai, nachdem erst im Vormonat ein 30-Jahres-Hoch erreicht worden war. Der entsprechende Indikator sank um fünf auf 27 Punkte, wie das Ifo-Institut zu seiner monatlichen Umfrage unter Unternehmen mitteilte. "Das Bild der Produktionserwartungen in den einzelnen Branchen ist dabei sehr differenziert", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. "Die Autoindustrie und ihre Zulieferer fahren ihre Erwartungen deutlich zurück, rechnen aber weiter mit Produktionssteigerungen." Die Bekleidungshersteller dagegen berichten erstmals nach neun Monaten, sie wollten ihre Produktion ausweiten.

Die exportabhängige Industrie kann von der Erholung des Welthandels von der Corona-Krise profitieren. Nach dem historischen Einbruch 2020 dürfte die Weltwirtschaft dieses Jahr so stark wachsen wie seit 1976 nicht mehr, sagt der Internationale Währungsfonds (IWF) voraus. Treiber sollen die beiden wichtigsten Abnehmer von Waren "Made in Germany" sein: die USA und China.

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