Devisenmärkte: Euro auf 2-Jahres-Hoch – Welche Auswirkungen wird die US-Wahl auf den Dollar haben?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die aggressive Geldpolitik der US-Notenbank, die Unsicherheit durch die anstehende US-Wahl und das bisher schlechte Handling mit der Corona-Pandemie in Amerika setzen den Dollar weiter unter Druck und sorgen dafür, dass der Euro weiter aufwertet. Die europäische Gemeinschaftswährung ist am Dienstag zeitweise auf den höchsten Stand seit Mai 2018 gestiegen. In der Spitze kletterte der Eurokurs im frühen Handel bis auf 1,1997 US-Dollar. Bis zum Vormittag gab die Gemeinschaftswährung einen Teil ihrer Gewinne ab und wurde mit 1,1970 Dollar gehandelt.

Damit setzt der Euro den Höhenflug der vergangenen Monate fort. Nachdem der Kurs im März – also zu Beginn der Corona-Krise – bis auf 1,0636 Dollar gefallen war, geht es seit Mitte Mai stetig nach oben. Währenddessen wertet der Dollar auch gegenüber den anderen Währungen der Industrienationen weiter ab, wie im Chartvergleich mit dem USDX zu sehen ist, einem Index, der den Dollar gegenüber einem Korb aus Währungen vergleicht, darunter GBP, Yen, CHF und Euro.

„Eine deutliche positive Überraschung beim chinesischen Caixin Einkaufsmanagerindex sorgt für gute Stimmung am Markt“, schreibt Esther Reichelt von der Commerzbank. „Der US-Dollar verhält sich also weiter wie ein sicherer Währungshafen und wertet im Zuge einer höheren Risikofreude ab.“ In China setzt sich in den kleineren und privat geführten Industrieunternehmen die Erholung nach dem starken Einbruch infolge der Corona-Krise fort. Der vom Wirtschaftsmagazin „Caixin“ ermittelte Einkaufsmanagerindex zog im August überraschend auf 53,1 (Juli: 52,8) Punkte an.

Deutschland fährt robust durch die Krise

Weitere positive Stimmung gab es von seiten der deutschen Wirtschaft, die Bundesregierung korrigiert ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr nach oben. Das Bruttoinlandsprodukt werde wegen der Corona-Krise um 5,8 Prozent einbrechen, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier am Dienstag in Berlin. Bislang war er von einem größeren Minus von 6,3 Prozent ausgegangen. „Die Rezession im ersten Halbjahr ist weniger stark ausgefallen als wir befürchten mussten“, sagte Altmaier. Der Aufschwung nach dem Lockdown „geht schneller und dynamischer vonstatten als wir es zu hoffen gewagt hatten“. Der Einbruch fällt demnach nur etwas größer aus als im Jahr der Finanzkrise 2009, als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 5,7 Prozent geschrumpft war. Es wäre dennoch die schwerste Rezession der Nachkriegszeit. Für 2021 geht die Regierung von einem Wirtschaftswachstum von 4,4 Prozent aus. Hier war bisher ein Plus von 5,2 Prozent vorhergesagt worden. Altmaier sprach von einer V-förmigen Erholung.

Schwache Daten aus Spanien

Etwas gedämpft wurde die freundliche Stimmung für den Euro am Vormittag durch schwache Daten aus Spanien. Dort ist der Einkaufsmanagerindex für die Industrie überraschend deutlich gesunken und signalisiert wieder einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität. Spanien wird gerade von einer zweiten Infektionswelle und den damit einhergehenden Reisewarnungen stark getroffen. Der Euro gab daraufhin einen Teil seiner vorherigen Gewinne ab.

Welche Auswirkungen wird die US-Wahl haben?

Die bald anstehende US-Wahl dürfte massive Auswirkungen sowohl auf die Aktienmärkte als auch auf die Devisenmärkte haben. Während der Dollar innerhalb von Trumps Amtszeit und vor allem im Zuge des Handelsstreits über 3 Jahre hinweg aufgewertet hatte, hat der Corona-Crash die US-Währung auf mehrjährige Tiefs befördert. Generell sehen viele Experten den Greenback im Zuge der sich verändernden geopolitischen Begebenheiten in seiner Stellung als Weltleitwährung in Gefahr, da unter anderem China versucht, unabhängiger zu werden und auch dem Euro angesichts des Chaos in Amerika Chancen auf  eine dominantere Stellung in den Devisenmärkten zugesprochen werden.

Auf lange Sicht dürfte das Wahlergebnis in dieser Beziehung gar nicht so entscheidend sein, da der Konflikt mit China um den Platz Nummer eins der globalen Wirtschaft sich so oder so fortsetzen wird. Auf kurz Sicht dürfte es jedoch zu deutlichen Impulsen kommen. Analysten von JPMorgan sehen im Falle eines Sieges von Joe Biden einen schwächeren Dollar, da der wahrscheinliche Schwenk zu einer progressiveren Politik zu einer Underperformance der US-Vermögenswerte führen dürfte, so die Analysten. Dieses Szenario wäre vor allem für den Dollar als Reservewährung schlecht.

Andere Analysten sehen einen Sieg Bidens als nicht so tragisch für den Dollar, da es auch zu neuen wirtschaftlichen Aufschwüngen in anderen Sektoren kommen dürfte, vor allem in klimafreundlichen Branchen. Für einen Sieg Trumps geben die Analysten keine Prognose für den Dollar ab, jedoch rechnet JPMorgan damit, dass sich die Wahrscheinlichkeit eines Sieges wieder mehr in Richtung Trump verlagert – und Investoren dies an den Märkten noch nicht einpreisen.

onvista-Redaktion/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: nobeastsofierce / Shutterstock.com

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