Drei Fragen an Bernecker: Sind die Wasserstoff-Ambitionen der Bundesregierung realistisch, ist Gold wirklich so chancenreich und was bedeutet Thieles Anteilserhöhung bei der Lufthansa?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In unserer heutigen Ausgabe fragen wir nach einer Einschätzung zu den Wasserstoffbemühungen der Bundesergierung, wie gut Gold nun wirklich dasteht und ob es bei der Lufthansa noch einmal ums Ganze gehen wird.

onvista-Redaktion: Jüngst hat ein Analyst von Capital Economics seine Einschätzung abgegeben, dass der Goldpreis bis Ende des Jahres bei nur noch 1600 Dollar notieren könnte – begründen tut er dies damit, dass die befürchtete Inflationswelle, die viele in Gold als sicheren Hafen treibt, ausfallen wird – trotz der geöffneten Geldschleusen der Notenbanken. 2008 sei schließlich auch keine erhöhte Inflation aufgetreten. Wie sehen Sie die Sache? Wird Gold in der momentanen Situation wirklich überschätzt?

Der Goldpreis hängt nur sehr indirekt an der Inflationserwartung und den Zinsen. Er hängt vielmehr davon ab, wie sich die Verfügbarkeit von Gold und das Geldvolumen gegenüberstehen. Zurzeit gibt es etwa 160.000 Tonnen Gold auf der ganzen Welt. Die nachgewiesenen Reserven werden auf etwa 56.000 Tonnen veranschlagt, wovon ca. die Hälfte als förderwürdig eingeordnet wird. Mehr gibt es nicht. Die Geldmenge wächst deutlich stärker und wird von den Notenbanken sogar noch befeuert. In den klassischen Vergleichen der vergangenen Jahrzehnte erreichte Gold stets etwa 8 - 9 % Anteil am Markt für liquide Assets. Zurzeit ist er nach gleichen Schätzungen bei etwa 4,5 bis 5 % anzunehmen. Die Quelle dafür ist London. Der Goldpreis kann deshalb nicht sprunghaft zulegen, sondern kontinuierlich. 5.000 Dollar die Unze hatte ich schon per 2025 vorgegeben, als der Goldpreis noch bei 1.350 Dollar lag. Wieder überschlägig: Der Goldpreis kann p. a. rd. 20 % zulegen, um das genannte Ziel zu erreichen. Das ist die realistische Kalkulation.

onvista-Redaktion: Wie bewerten Sie das Wasserstoff-Paket der Bundesregierung? Hat Deutschland eine echte Chance, hier Technologieführer zu werden, so wie es als Ziel ausgerufen wurde?

Deutschland will wieder einmal Weltmeister werden, wie der Bundeswirtschaftsminister wörtlich formulierte. In der Solartechnik war es ähnlich und ging schief. Allein deshalb, da die anfänglichen Fördermaßnahmen zwar richtig waren, aber im Zuge des Preisdumpings der Chinesen abgebrochen wurden bzw. es keine Politik gab, dieses Manko aufzufangen. In den CO2-Zielen bewegen wir uns auf ähnlichem Niveau: Sehr ambitiös, aber wahrscheinlich nicht erreichbar. Mit dem Förderprogramm von rd. 7 Mrd. Euro für Grünwasserstoff steht die Wette ähnlich. Geschickt durchgeführt, und vor allem konsequent im Verbund mit den stärksten Firmen, kann Deutschland auf diesem Gebiet tatsächlich nicht der Weltmeister werden, aber eine sehr gute Spitzenposition belegen. Es ist eine zweifellos glaubwürdige Story. Entscheidend wird sein, welche Unternehmen in welcher Form sich einklinken. Grün steht für die Unterstellung, dass der Energiebedarf für die Herstellung von Wasserstoff grün sein soll, also Windkraft und Solar.

onvista-Redaktion: Wie bewerten Sie die Anteilserhöhung von Lufthansa-Großaktionär Heinz Hermann Thiele am Unternehmen auf nun 15 Prozent? Kommt da etwas auf die Anleger und das Unternehmen zu?

Lufthansa Großaktionär Heinz Hermann Thiele ist der erste industrielle Investor, kein Spekulant, der erkannt hat, was große Unternehmen, die in die Coronakrise gelangt sind, wert sind, und wie sie mit richtiger Zwischenfinanzierung aus dieser Lage wieder befreit werden können. Herr Thiele denkt als Unternehmer, was ich unterstreiche. Die Nebenabsichten sind unwichtig und gehören zu diesem Spiel. Es gibt mehrere Unternehmen, die in eine ähnliche Situation gelangt sind, ohne dass es eigene Fehler gab. Vielleicht gibt es doch den einen oder anderen sogenannten Milliardär, der es in anderen Fällen ähnlich sieht und zugreift. Die Lufthansa-Kursziele liegen jedenfalls deutlich höher. Die Begründung dafür hatte ich mehrfach vorgelegt.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Anmerkung: Da wir die Fragen einige Zeit im Voraus an Herrn Bernecker richten, hatten wir noch keine Gelegenheit eine Einschätzung zur Causa Wirecard einzuholen. Das holen wir in der nächsten Woche natürlich nach.

Foto: Bernecker

www.bernecker.info

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