Drei Fragen an Bernecker: Wie sieht das langfristige Szenario für Mega-IPOs wie Airbnb, Doordash und Co. aus, muss man sich Sorgen um AMS machen und wie schätzen sie die Gefahr einer Pleitewelle 2021 ein?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In unserer heutigen Ausgabe wollen wir wissen, ob man sich aufgrund der Umstellung bei Handy-Kamerasensoren nun Sorgen um den Zulieferer AMS machen muss, wie eine mögliche Pleitewelle 2021 einzuschätzen ist und wie die langfristige Zukunft von den gehypten IPOs wie Airbnb, Uber, Doordash und so weiter aussehen kann.

onvista-Redaktion: Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform hat in einer neuen Analyse darauf aufmerksam gemacht, dass erst im kommenden Jahr das wahre Ausmaß der Krise ersichtlich wird, denn dann wird erst die große Fülle an Firmenpleiten über uns hereinbrechen – geschuldet der staatlichen Hilfen und der Lockerungen im Insolvenzrecht, die nicht ewig weitergehen können. Droht dann auch der Börse neues Unheil?

Über die mögliche Pleitewelle im kommenden Jahr gibt es unterschiedliche Prognosen. Es kommt darauf an, aus welcher Sicht dies beurteilt wird. Creditreform hatte die größte Erfahrung damit in der Vergangenheit, aber sie kann die augenblickliche Corona-Konstellation nur sehr schwer einordnen, weil diese über die bisherigen Maßstäbe hinausgeht. Die Berichte von Banken plus KfW klingen anders. Beide sind in ihrer letzten Analyse überrascht, wie die typischen Klein -und Mittelbetriebe in Deutschland bislang mit der Coronakrise umgegangen sind. Auch die in Anspruch genommenen KfW-Kredite bewegen sich deutlich unter dem bisher angenommenen Kreditrahmen. Der dritte Weg der Erkenntnis liegt in der juristischen Beurteilung, wann und wie der Insolvenzfall eintreten kann bzw. wird. Zusammengefasst: Die Gefahrenklasse Klein- und Mittelbetriebe berührt die Börse nur sehr gering oder gar nicht. Das ist hinzunehmen. Im Übrigen: Creditreform liefert in der Börsen-Zeitung vom 09.12.2020 (Seite 7) die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen unter der Überschrift „Corona-Maßnahmen bremsen Insolvenzen aus“. Damit widerspricht sie sich selbst.

onvista-Redaktion: AMS ist aufgrund eines Branchenberichtes extrem unter Druck geraten, nach welchem die Hersteller von Android-Telefonen voraussichtlich die kostengünstigeren indirekten iToF-Lidar-Sensoren (in Rückkameras) durch die von Apple verwendete Direct-time-of-Flight-Technologie (dToF) ersetzen. Ein Genickbruch für das Geschäftsmodell oder doch halb so wild?

Die kostengünstigen IToF-Lidar-Sensoren sind in der Branche nicht neu und waren erwartet worden. Natürlich muss Apple darauf reagieren, aber AMS kennt dieses Problem ebenfalls und ist bereits dabei, sich darauf technisch einzustellen. Dieser Sachverhalt war schon vor drei Jahren einmal heiß diskutiert worden, als Apple der größte Abnehmer von AMS für Smartphones war. Dieses Risiko ist inzwischen deutlich reduziert worden. Dass der Markt bei solchen Nachrichten erschreckt reagiert, ist verständlich und wurde damals ebenfalls mit einer Korrektur beantwortet. Übrigens zeitgleich mit Dialog Semi, die ebenfalls großer Apple-Zulieferer ist. Eine Änderung der AMS-Einschätzung resultiert daraus nicht, aber: Mit der Berichtssaison ab Januar wird AMS einiges mehr erklären müssen, wie die Fusion von AMS mit Osram nun konkret umgesetzt werden kann.

onvista-Redaktion: Der Hype um den Airbnb-Börsengang wächst. Doch auch Airbnb ist einer dieser Kandidaten, bei dem man niemals wissen wird, ob das Geschäftsmodell jemals rentabel sein kann. Wie hoch der Druck dann in schwierigen Phasen sein kann, sieht man momentan bei Uber, die sich mit ihrer Flugtaxi-Sparte und dem autonomen Fahren gleich von zwei verlustreichen, aber potenziell zukunftsträchtigen Projekten trennen mussten. Wie wird die Zukunft für solche Unternehmen langfristig aussehen, wenn niemals schwarze Zahlen erreicht werden können?

Der Börsengang von Airbnb zeigt, was zurzeit in New York möglich ist. Derjenige von DoorDash einen Tag vorher ebenfalls. So macht man das: Es werden 10 - 15 % der Aktien zu einem Preis angeboten, der sich am Markt orientiert. Zunächst waren 44 - 50 Dollar angesagt, anschließend 55 - 60 Dollar, was einen Betrag um 3,5 Mrd. Dollar ausmacht. Dieser Betrag wird sodann hochgerechnet auf den Gesamtwert des Unternehmens, was irgendwo über 31 Mrd. Dollar ergibt. Für eine Vermietungsgesellschaft sind dies Beträge, die außerhalb der Diskussion stehen. Im Falle von DoorDash gilt dies genauso. Ob beide Geschäftsmodelle dauerhaft tragbar sind, ist komplett offen und damit sind wir dort angelangt, wo wir schon einmal waren: Dotcom vor 20 oder 21 Jahren mit dem gleichen Szenario, den gleichen Konditionen und anschließend den gleichen Folgen.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Foto: Bernecker

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