Europäische Corona-Hilfen für Italien wieder greifbar

Reuters · Uhr

- von Christian Krämer und Andreas Rinke und Toby Sterling

Berlin/Amsterdam (Reuters) - Europäische Hilfen für Italien in der Coronavirus-Krise rücken wieder in greifbare Nähe.

Vor Beginn der Beratungen der Euro-Finanzminister am Donnerstag signalisierte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte Kompromissbereitschaft. Das Land hatte zuletzt nach Darstellung zahlreicher Teilnehmer eine Einigung verhindert. Insidern zufolge dürfte es nun auf ein Rettungspaket im Volumen von rund 500 Milliarden Euro hinauslaufen.

"Wir versuchen, das Maximum zu tun, um die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen", sagte Rutte in Den Haag. Eine Einigung sei möglich. Die Niederlande wollten dem Süden des Kontinents gegenüber solidarisch sein. Am Mittwochmorgen waren die Verhandlungen der Euro-Finanzminister nach 16 Stunden und einer Nachtsitzung zunächst gescheitert. Insidern zufolge hatten daraufhin Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Rutte telefoniert, um diesen umzustimmen.

Regierungsvertretern zufolge laufen im Vorfeld der offiziellen Beratungen die diplomatischen Bemühungen auf Hochtouren. Sollten sie erfolgreich sein, könnte die Sitzung der Eurogruppe dieses Mal schneller gehen. "Ich hoffe natürlich, dass sie zu einem Ergebnis kommt", sagte Merkel in Berlin. "Das wäre einfach ein sehr gutes Zeichen, zumal man sich sehr nahe ist." Deutschland werde seinen Beitrag zur Solidarität leisten. Die laufenden Verhandlungen zum mehrjährigen EU-Haushalt müssten mit einem möglichen Konjunkturprogramm verknüpft werden.

3 PLUS 1 - DREI HILFEN JETZT, SPÄTER WIEDERAUFBAUFONDS

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will Italien und anderen stark von der Pandemie getroffenen Ländern mit drei Maßnahmen helfen - Darlehen der europäischen Förderbank EIB für kleine und mittelständische Unternehmen, Kreditlinien aus dem Rettungsfonds ESM sowie einer europäischen Variante des deutschen Kurzarbeitergeldes. Die ersten beiden Punkte hätten jeweils ein Volumen von rund 200 Milliarden Euro, letzterer von 100 Milliarden. Merkel sagte wie zuletzt auch Scholz, danach müsse es dann noch ein Wiederaufbauprogramm geben, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

Denn die Aussichten sind düster. Laut Münchner Ifo-Institut dürfte die Wirtschaftsleistung in der Euro-Zone im ersten Quartal um 2,3 Prozent geschrumpft sein. Für das Frühjahr wird mit einem Einbruch von 10,5 Prozent gerechnet. Auch der Internationale Währungsfonds rechnet wegen der Pandemie mit einem katastrophalen Jahr für die Weltwirtschaft. Es werde wohl den stärksten Einbruch seit der Großen Depression vor fast 100 Jahren geben, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa. Ermutigend sei aber, dass Regierungen rund um den Globus bereits rund acht Billionen Dollar an Finanzhilfen bereitgestellt hätten.

AUFLAGEN FÜR ESM-HILFEN?

Knackpunkt bei den jüngsten Verhandlungen der Finanzminister war ein Streit über vorsorgliche Kreditlinien aus dem ESM. Diese sollen vor allem Italien und Spanien zugutekommen. Die Niederlande hatten aber darauf gepocht, dies mit strengen wirtschaftspolitischen Auflagen zu verknüpfen. Der Rest der Eurogruppe wollte gar keine oder nur konkret an die Pandemie geknüpfte Auflagen. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte warnte, die Zukunft der EU stehe auf dem Spiel. "Wir brauchen eine wirtschaftliche und soziale Antwort auf europäischer Ebene", sagte er der BBC. "Das ist eine große Herausforderung für die Existenz Europas."

Italien fordert auch gemeinsame Anleihen der Euro-Länder, sogenannte Euro-Bonds oder aktuell Corona-Bonds genannt. Hier sind die Positionen innerhalb der Eurogruppe aber weit auseinander, so dass dieser Punkt ausgeklammert werden dürfte. Merkel und auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier bekräftigten ihre Ablehnung in dieser Frage. Vor allem in der CDU/CSU ist der Widerstand besonders groß. Hier wird befürchtet, sonst für die Schulden anderer Länder zu haften. EZB-Chefin Christine Lagarde verwies auf Alternativen. "Ich denke nicht, dass wir uns auf Corona-Bonds fixieren sollten", sagte sie der französischen Zeitung "Le Parisien".

Neueste exklusive Artikel