Experten und Verbände kritisieren Urheberrechtsreform vom Bund

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Berlin (Reuters) - Beim umstrittenen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Urheberrechts sehen viele Experten noch Änderungsbedarf.

Eine Anhörung von Sachverständigen im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz zeigte am Montag, dass die Koalition für ihr Vorhaben viel Kritik erntet. Der Kölner Medienrechtler Christian-Henner Hentsch sprach zwar von einer insgesamt "fairen Interessenabwägung", sieht aber in vielen Detailpunkten noch Raum für Anpassungen. Die Initiative Urheberrecht, die über 35 Verbände und Gewerkschaften die Interessen von rund 140.000 Urhebern und Künstlern vertritt, forderte weitere Stärkungen der Position der Kreativen im Gesetzestext.

Plattformen wie Google monieren derweil, dass sie in eine Art Richterrolle gedrängt würden und nur sieben Tage Zeit hätten zu entscheiden, ob bei bestimmten Inhalten Urheberrechtsverletzungen vorliegen. Dies sei eine kaum zu leistende Aufgabe, sagte Google-Managerin Sabine Frank. Dienstanbieter dürften hier nicht für ihre Entscheidungen urheberrechtlich haftbar gemacht werden. "Ohne eine solche Klarstellung gibt es einen strukturellen Anreiz für Plattformen im Zweifel gegen die Nutzer zu entscheiden."

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hatte nach dem Kabinettsbeschluss Anfang Februar von der "größten europäischen Urheberrechtsreform der letzten 20 Jahre" gesprochen. Damit sollten die Regeln fit für das digitale Zeitalter werden. Geklärt werde die Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen wie Youtube und Facebook. Kreative und Verwerter sollten fair an den Gewinnen der Plattformen beteiligt werden, hatte die SPD-Politikerin betont. Der Digitalverband Bitkom erklärte jedoch: "Die Urheberrechtsreform ist ein Rückschlag für die Meinungsfreiheit im Netz." Einer der Kritikpunkte sei, dass die einzelnen Vorgaben zur Überwachung, Sperrung und Moderation von Nutzerbeschwerden "technisch schlicht nicht umsetzbar sind".

Bis zu 15 Sekunden Film oder Ton, 160 Zeichen Text und 125 Kilobyte einer Foto- oder Grafikdatei sollen als Grenzen einer geringfügigen Nutzung zu nicht-kommerziellen Zwecken erlaubt sein. Bitkom hält diese Werte aber für "deutlich zu gering bemessen, um urheberrechtliche Relevanz bewerten zu können". Verleger sehen dies ganz anders. Manager Eduard Hüffer von Aschendorff Medien in Münster ("Westfälische Nachrichten") bezeichnete 160 Zeichen als "sehr, sehr viel". Er plädierte dafür, die Grenze etwa auf 50 Zeichen zu senken, da sonst die Gefahr bestehe, dass den Verlagen für ihre Inhalte vieles nicht vergütet würde. Die Corint Media vertritt die Interessen von Presseverlegern sowie Fernseh- und Radiosendern und forderte, dass die Unternehmen angemessen an den Umsätzen der Verwerter wie Google, Facebook & Co beteiligt werden müssten.

Auf EU-Ebene war das Urheberrecht bereits im April 2019 unter Dach und Fach gebracht worden und soll bis Juni 2021 in deutsches Recht umgesetzt werden. Google-Lobbyistin Frank forderte eine Übergangsfrist von mindestens sechs Monaten, um die geplanten Regelungen umsetzen zu können.

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