"Financial Times" kommt auf bis zu 41.000 Corona-Tote in Großbritannien
London (Reuters) - In Großbritannien dürften einer Analyse https://www.ft.com/content/67e6a4ee-3d05-43bc-ba03-e239799fa6ab der "Financial Times" zufolge inzwischen mehr als doppelt so viele Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben sein als von den Behörden angegeben.
Die Zeitung kommt auf bis zu 41.000 Tote. Sie zählt dabei - anders als die Regierung - nicht nur die Fälle, bei denen positiv auf das neuartige Virus getestete Patienten im Krankenhaus starben. Vielmehr zieht sie auch eine Auffälligkeit in der allgemeinen Sterbestatistik heran, wonach zuletzt auch insgesamt erheblich mehr Menschen als normalerweise starben. Der Zeitung zufolge sind viele dieser Todesfälle ebenfalls auf Covid-19-Erkrankungen zurückzuführen, auch wenn dies als Todesursache nicht aufgeführt wird.
Blickt man allein auf Daten der Krankenhäuser zu Corona-Todesfällen, so starben in Großbritannien bis Montag 17.337 an den Folgen einer Infektion mit dem Virus. Die FT verweist jedoch in ihrer Analyse auch auf die jüngsten Daten der Nationalen Statistikbehörde ONS. Demnach starben allein in der Woche vor Ostern 18.516 Menschen in England und Wales. Das sind 7966 mehr als im Fünf-Jahres-Durchschnitt. Enthalten sind in der Statistik zwar auch alle Fälle, bei denen keine Covid-19-Erkrankung als Todesursache genannt wird. Doch die Tatsache, dass es so viel mehr Tote als normalerweise gibt, bedeutet laut FT, dass die offizielle Zahl der Corona-Toten deutlich zu niedrig angesetzt ist. Demzufolge dürften es derzeit etwa 41.000 sein.
Zur Untermauerung dient etwa die Todeszahl, die aus Pflegeheimen gemeldet wird und die in die ONS-Statistik einfließt. In den vergangenen Wochen ist sie auf das doppelte gestiegen, doch nur 17 Prozent der Sterbeurkunden erwähnen Covid-19. Die Argumentation, dass das nicht an einer Corona-Erkrankung, sondern vielmehr daran liegen könnte, dass anderweitig ernsthaft erkrankte Menschen es wegen der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus vermieden, in Krankenhäuser zu gehen, ließ Cambridge-Professor David Spiegelhalter nicht gelten. "Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass der Kollateralschaden - wie hoch auch immer er sein mag - auch nur annähernd so groß ist wie der Schaden durch Covid", sagte er der FT.
Von der Zeitung auf die Zahl 41.000 angesprochen, erklärte Gesundheitsstaatssekretärin Helen Whately gleichwohl, sie erkenne diese Ziffer nicht an. Die Regierung wisse, dass mehr Menschen als sonst in Pflegeheimen stürben. Kommende Woche werde sie dazu Daten vorlegen.
Die Regierung und mit ihr insbesondere Premierminister Boris Johnson geraten wegen ihres Krisenmanagements zunehmen unter Druck. Die Opposition wirft Johnson vor, zu langsam gehandelt und die Risiken unterschätzt zu haben. Die Liberaldemkoraten forderten am Mittwoch eine unabhängige Untersuchung des Vorgehens der Regierung, "sobald wir durch die Krise durch sind".