Finanzausschussvorsitzende - Scholz bei Wirecard in Verantwortung

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Berlin (Reuters) - Im milliardenschweren Wirecard-Skandal sieht die Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag, Katja Hessel, Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nach wie vor in der Verantwortung.

Sie müssten an diesem Mittwoch im Ausschuss darlegen, was sie wann wussten und warum sie nicht früher eingegriffen hätten, sagte die FDP-Politikerin im Deutschlandfunk. "Sie sind nicht aus der Verantwortung." Hessel kritisierte, der Chef der Scholz unterstehenden Finanzaufsicht BaFin, Felix Hufeld, habe "im letzten Finanzausschuss vor der Sommerpause auch nicht ganz die Wahrheit" gesagt. "Ich glaube, es hat durchaus noch eine politische Dimension, und die sitzt natürlich auch im Bundesfinanzministerium." Hufeld müsse seinen Posten räumen, forderte Hessel zudem im RBB-Inforadio. Scholz verteidigte dagegen im ZDF die BaFin gegen Kritik. "Das, was zu tun war, ist getan worden."

Hessel bezog sich auf Medienberichte, wonach die BaFin eine Falschinformation an die Abgeordneten eingeräumt hat. Entgegen Hufelds Angaben hätten die Bankenaufsicht und die Polizei in Singapur seit Anfang 2019 mit der BaFin kooperiert und Informationen zur Verfügung gestellt, zitierte der "Spiegel" am Dienstagabend eine BaFin-Sprecherin. Hufeld hatte dagegen am 1. Juli im Finanzausschuss laut dem auch Reuters vorliegenden Protokoll gesagt, seine Behörde warte "bis heute auf eine Antwort" der Polizei in Singapur. Daraufhin forderte Hessel den Rücktritt Hufelds von der BaFin-Spitze. "Ich glaube, dass es die Konsequenz hat, dass Herr Hufeld für diese Position nicht mehr tragbar ist." Die BaFin hatte zu dem Bericht erklärt, Hufeld habe den Bundestag über die Behörden in Singapur zutreffend, in der Äußerung aber unpräzise informiert.

SCHOLZ: VORANGEHEN UND NICHTS VERBERGEN

Finanzminister Scholz sagte, die BaFin habe in alle Richtungen Untersuchungen eingeleitet und die Wirtschaftsprüfung auf den Weg gebracht. So weit das nachzuvollziehen sei, seien Hinweise immer aufgegriffen worden. Aber die Erkenntnis, dass eine Prüfungsgesellschaft jahrelang prüfe und nichts herausbekomme, zeige, dass neue und härtere Gesetze nötig seien, wie er sie bereits vorgeschlagen habe. Es gebe es nur eine richtige Lösung: "Voran, nichts verbergen, aktiv an der Spitze der Aufklärung stehen und dafür sorgen, dass alle Sachen geklärt werden und natürlich gesetzgeberische Reformen voranzutreiben."

Eine "lückenlose und detaillierte Aufklärung" erwartet der CDU-Berichterstatter im Finanzausschuss, Matthias Hauer, der vor allem Scholz in der Pflicht sieht. Dieser habe die Aufsicht über die BaFin, sagte Hauer im SWR. Bei Altmaier - einem Parteifreund Hauers - gehe es dagegen nur um die Fachaufsicht über die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Die BaFin hatte die Aufsicht über die Wirecard Bank, die aber nur einen kleinen Teil des Unternehmens ausmachte. Es wurde nicht als Finanzholding eingestuft und unterlag so nicht der BaFin-Aufsicht.

Ob es einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben werde, zeige sich am Ende der Sitzung des Finanzausschusses, sagte Hessel. "Wir werden das heute nach dieser Sitzung sehen, wie weit die Bundesregierung mauert." Auf einen solchen Untersuchungsausschuss müssten sich die Oppositionsparteien einigen. Die Linkspartei hat ihn bereits gefordert. Die Grünen setzten zunächst auf Aufklärung durch den Finanzausschuss.

In der Sondersitzung wollen die Abgeordneten zudem Fragen zum Einsatz von Beamten des Finanzministeriums und des Kanzleramts beim China-Geschäft von Wirecard stellen. Zur Ausschusssitzung sind auch zwei Vertreter der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) geladen. Diese war seit Anfang 2019 mit der Analyse der Wirecard-Bilanz beauftragt.

Wirecard hat im Juni Insolvenz angemeldet. Mutmaßliche Guthaben des DAX-Konzerns in Höhe von 1,9 Milliarden Euro hatten sich als Fälschung erwiesen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die frühere Unternehmensführung wegen bandenmäßigen Betrugs. Nach ihren Erkenntnissen hat das Unternehmen mindestens seit 2015 seine Bilanz aufgeblasen, um an Kredite zu gelangen. Die Wirtschaftsprüfer bescheinigten Wirecard dennoch über Jahre eine korrekte Bilanz. Anfang 2019 gab es erste Medienberichte über mutmaßliche Bilanzierungstricks bei Wirecard in Singapur. Von dort aus wurde das Asiengeschäft gesteuert.

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