Fisher vs. Lynch – zwei grundverschiedene, sehr erfolgreiche Anlagestrategien

Bernd Schmid · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Mein persönliches Vorbild in Sachen Aktienanlage ist Philip Fisher, Autor des Buches Common Stocks and Uncommon Profits.

Auf der anderen Seite des Aktienanlagespektrums sitzt Peter Lynch. Auch er ist Vorbild vieler Klein- (und Groß-) Anleger.

Beide gehören zu den besten Anlegern aller Zeiten. Beide verfolgten praktisch diametral unterschiedliche Anlagestile.

Jeder Anleger dürfte sich irgendwo auf dem Spektrum zwischen diesen beiden wiederfinden. Sehr wichtig für den Anlageerfolg ist, dass man herausfindet, wo man sich selbst am wohlsten fühlt.

Der Philip-Fisher-Ansatz

Philip Fisher war ein überdurchschnittlich skeptischer Mensch. Er suchte immer nach dem Haken bei einem Unternehmen. Und weil er praktisch jeden Stein umdrehte, fand er auch in aller Regel einen.

Das Ergebnis seiner Investitionsphilosophie war, dass der größte Teil seines Aktienportfolios in der Regel aus kaum mehr als einer Handvoll Unternehmen bestand. Dafür verstand er diese wie kaum ein anderer, weil er eben wirklich jeden Stein umdrehte.

Die Art und Weise, wie er das tut, beschreibt er in seinem oben genannten Buch. Er nennt die Methode „Scuttblebutt method“ und ich kann jedem mit einem konzentrierten Aktienportfolio nur nahelegen, sich mit dieser Methode zu beschäftigen.

Der Peter-Lynch-Ansatz

Peter Lynch und seine Bücher sind bekannter als Philip Fisher und dessen Bücher. Eines, das wahrscheinlich jeder begeisterte Aktienanleger gelesen hat, ist Der Börse einen Schritt voraus.

In diesem Buch erklärt Lynch unter anderem, warum man das Investieren nicht verkomplizieren muss. Zum Beispiel muss man sich nicht mit jedem Unternehmen beschäftigen, das gerade gehyped wird. Im Gegenteil, es reicht oft aus, einfach seine Augen offen zu halten: Zum Beispiel beim Einkaufen - welche Marken kaufe ich gerne? Welches Essen schmeckt besonders gut? Welche Restaurantkette gefällt meiner Frau am besten? Und: Welche Unternehmen stecken hinter diesen? Sie haben schon ein gutes Produkt, möglicherweise sind diese eine gute Investition!

Oder man hat eine bestimmte Expertise aufgrund seiner Tätigkeit. Kennst du dich im Baumarkt gut aus? Dann könntest du als einer der Ersten feststellen, wenn eine Marke auf einmal nachhaltig bessere Geräte fertigt als der ehemalige Platzhirsch.

Ein solcher Ansatz ist deutlich weniger zeitintensiv. Aber man beschäftigt sich oft mit solchen Unternehmen viel weniger, als es Philip Fisher tun würde.

Unter anderem dürfte dies ein Grund gewesen sein, warum die Portfolios von Peter Lynch oftmals hunderte oder gar tausende von Aktien umfassten.

Auch alles dazwischen funktioniert, aber wo sieht man sich selbst?

Von nur einer Handvoll Aktien im Depot, die man Jahre hält, bis hin zu hunderten Aktien im Depot, die man auch mal austauschen kann. Beide Wege können nachweislich sehr gut funktionieren.

Auch alle Wege dazwischen können funktionieren. Ein Depot mit 30 sorgfältig ausgewählten Aktien mit dem Ziel, es Jahre lang liegen zu lassen und sich gar nicht darum zu kümmern. Oder ein Depot mit 20 Aktien, die man einmal im Jahr überprüft und gegebenenfalls austauscht.

Für jeden Anleger ist ein anderer Ansatz am ehesten geeignet.

Aber: Philip Fisher wäre vermutlich niemals annähernd so erfolgreich gewesen, wenn er gezwungen worden wäre, so breit zu diversifizieren wie Peter Lynch. Umgekehrt wäre Peter Lynch fast sicher niemals die Ikone geworden, die er heute ist, wenn er es versucht hätte wie Philip Fisher nur auf ganz wenige Unternehmen zu setzen.

Was diese beiden Anleger daher zuallererst hervorragend gemacht haben: Sie haben den für sie selbst besten Investitionsstil gefunden - und sich entsprechend darauf spezialisiert. Diese Erkenntnis ist ein wichtiger Schritt für den Erfolg eines jeden Anlegers.

Foto: Olivier Le Moal / Shutterstock.com

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