Hugo Boss: Eine Turnaround-Aktie?

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In der Modebranche geht es teilweise skurril zu. Ist eine Marke nicht mehr zeitgemäß oder hat, wie man so schön sagt, den Hype verloren, ist das Geschäftsmodell in Gefahr. In diesem Artikel geht es um ein Unternehmen, dass eventuell in diese Kategorie fällt, vielleicht handelt es sich aber auch um einen interessanten Turnaround-Kandidaten …

Die Rede ist vom deutschen MDAX-Unternehmen Hugo Boss , das dir ziemlich sicher ein Begriff sein dürfte. Das seit 1924 operierende Unternehmen wird vom Markt schon seit einigen Jahren abgestraft. Die Aktie verlor im Laufe des letzten Jahres bis heute (43,35 Euro, Stand 15.01.2020, gilt für alle Kurse) über 24 % an Wert. Da stellt sich mir die Frage: Könnte es sich bei diesem Unternehmen nicht um einen interessanten Turnaround-Kandidaten handeln? Oder haben die Kursrückgänge konkrete Gründe, die das Geschäft langfristig belasten könnten?

Was sagen die Zahlen?

Eine der wichtigsten Zahlen, auf die ich besonderen Wert lege, ist der Gewinn pro Aktie, oder auf Englisch „earnings per share“. Diese Zahl gibt an, wie hoch der anteilige Gewinn ist, der auf eine einzelne Aktie entfällt. Dieser berechnet sich, in dem man den Jahresüberschuss durch die Anzahl der ausstehenden Aktien teilt. 

Im Jahr 2014 konnte bei dem Modekonzern ein Gewinn pro Aktie von satten 4,83 Euro ausgewiesen werden. Im vergangenen Geschäftsjahr lag der Gewinn pro Aktie bei 3,42 Euro. Augenscheinlich ist der aktuelle Gewinn je Aktie deutlich unter dem von 2014, aber rechtfertigt das wirklich einen derartigen Kursrückgang? Denn ausgehend vom Höchststand von 120,00 Euro im Jahr 2015 hat das Unternehmen bis heute knapp zwei Drittel seiner Marktkapitalisierung verloren.

Den höchsten Umsatz konnte Hugo Boss mit rund 2,81 Mrd. Euro im Jahr 2015 erzielen. Im vergangenen Geschäftsjahr betrug dieser mit knapp 2,80 Mrd. Euro unbedeutend weniger - der Umsatz ist hier also nicht der entscheidende Faktor. Es ist vielmehr die Nettorendite, die Aufschluss darüber gibt, wieso der Gewinn pro Aktie so stark sinken konnte.

Denn die Nettorendite gibt an, wie hoch der Gewinn nach Steuern, auch Jahresüberschuss genannt, im Verhältnis zum erzielten Umsatz steht. Oder anders formuliert gibt diese Zahl an, wie viel Prozent der Umsätze eines Unternehmens nach allen Kosten und Steuern als Gewinn übrig bleibt, um Dividenden auszuschütten oder Investitionen vorzunehmen.

Im Geschäftsjahr 2018 lag die Nettorendite bei vergleichsweise niedrigen 8,4 %, während sie im Jahr mit dem höchsten Gewinn pro Aktie, 2014, noch bei rund 12,9 % lag. Auch wenn der Unterschied nominell nicht bedeutend groß erscheint, ist ein relativer Rückgang der Nettomarge von über einem Drittel innerhalb von nur vier Geschäftsjahren alles andere als attraktiv.

Geografisches Risiko?!

Hugo Boss erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2018 rund 54 % seiner Umsätze in Europa, 37 % in Nordamerika und magere 9 % in anderen Regionen der Welt.

Im Jahresabschluss 2018 gibt das Unternehmen an, dass das Marktwachstum der gehobenen Modebranche in Europa im Jahr 2018 unter 3 % gelegen haben soll. Somit kann diese Abhängigkeit Europas natürlich negativ ausgelegt werden. Denn ungeachtet der Risiken, die beispielsweise aufgrund der Geldpolitik oder der Vergreisung in Europa höher sein könnte als in anderen Teilen der Welt, kann Hugo Boss in Europa kaum nennenswerte Marktanteilsgewinne vorweisen.

Denn im genannten Zeitraum konnte der Modekonzern seine Umsätze in Europa um lediglich 4 % steigern. De facto bewegt sich Hugo Boss irgendwo im Mittelfeld seines Marktsegments, das um höchstens 3 % gewachsen sein soll. Zumindest dann, wenn man annimmt, dass die Umsätze des deutschen Unternehmens aus der Mode im selben Tempo gewachsen sind wie die Umsätze der anderen Segmente.

Ähnlich sieht es in Nordamerika aus, der Region, die nach Umsatzanteilen die zweitwichtigste ist. Hier soll das Marktwachstum des gehobenen Modegeschäfts unter 4 % betragen haben. Auch hier konnte sich der Modekonzern kaum von der Stelle bewegen, denn die Umsätze stiegen zwar, jedoch wie in Europa nur um mittelmäßige 4 %.

Jedoch kommt der wichtigste Teil erst noch, denn das größte Wachstum der Branche kommt, wer hätte es gedacht, aus Asien. Hier soll das Wachstum, zumindest in den Emerging Markets, dazu zählt Hugo Boss auch den chinesischen und damit den wohl wichtigsten Markt, zwischen 6,5 und 7,5 % gelegen haben. Der Unterschied dieser Wachstumsrate zu anderen Regionen ist vor allem dann enorm, wenn man diese über eine längere Zeit annimmt. Stichwort Zinseszins.

Deshalb finde ich es auch so wichtig, dass sich Hugo Boss in dieser Region langfristig ansiedelt. Denn es könnte sein, dass es verschlafen wurde, sich als Marke im Reich der Mitte oder anderen potenziell stark wachsenden Märkten als Marke zu positionieren. Das wäre fatal.

Blickt man beispielsweise nach Frankreich, wo der wertvollste Konzern der EU, LVMH angesiedelt ist, bekommt man schnell ein Gefühl dafür, welch enorme Tragkraft die konsumträchtigen asiatischen Märkte für international operierende Unternehmen haben können.

Jedoch kann man diese Tatsache auch als Chance interpretieren. Natürlich ist es für Hugo Boss bitter, dass man von dem Wachstum der letzten Dekade in Asien nur in so geringem Maß profitieren konnte, aber warum sollte sich das nicht in Zukunft ändern?

Momentan finde ich jedoch, dass das Risiko der Abhängigkeit von Europa und Nordamerika diese Chance überwiegt.

Ein attraktiver Turnaround-Kandidat?

Für mich persönlich: Nein.

Auf der einen Seite steht eine attraktive Dividendenrendite von 6,24 % und solide Wachstumsraten in den wichtigsten Märkten für das Geschäftsjahr 2018. Außerdem liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis laut Bloomberg bei 14,45, was für mich einer fairen Bewertung entspricht.

Auf der anderen Seite ist Mode ein zyklisches Geschäft, das bedeutet eine hohe Konjunkturabhängigkeit. Ob das positiv oder negativ ist, hängt von der Einschätzung ab, wie sich die Konjunktur in Zukunft verändern wird. Was definitiv gegen einen Kauf spricht, ist die stark zurückgegangene Nettomarge in den letzten Jahren. Außerdem denke ich, dass der Konzern den Fokus noch mehr auf den asiatischen Markt legen sollte, zumindest mittelfristig.

Für mich bleibt Hugo Boss weiterhin interessant. Jedoch denke ich, dass man sich noch etwas gedulden sollte. Ich würde vor allem abwarten, bis die Zahlen für das Geschäftsjahr 2019 veröffentlicht werden, und diese in Relation zum Geschäftsjahr 2018 setzen. Wenn die Zahlen solide sein sollten und die Marktposition in den wichtigen Märkten zumindest gehalten werden konnte, wäre das bei einer etwas niedrigeren Bewertung für mich persönlich ein Kaufsignal. 

Was mich sogar noch positiver stimmen würde, wäre eine Expansion des Geschäfts in Asien. Am besten mit einer ganz konkreten, langfristig ausgelegten klar kommunizierten Strategie. Bis dahin kommt die Aktie aber auf meine Watchlist.

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Yannic Joekel besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.

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Foto: Getty Images

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