Koalition drückt bei Klimaschutz aufs Tempo

Reuters · Uhr

- von Andreas Rinke und Holger Hansen

Berlin (Reuters) - CDU, CSU und SPD drücken bei der Reform des Klimagesetzes aufs Tempo - allerdings mit unterschiedlichen Konzepten.

Nach Reuters-Informationen aus Teilnehmerkreisen sagte Kanzlerin Angela Merkel in der Unions-Bundestagfraktion am Dienstag, dass sie eine Kabinettsbefassung bereits kommende Woche wolle. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte am Dienstag eine Anhebung des CO2-Preises bereits 2022 auf 45 Euro. CDU/CSU-Fraktionsvize Andreas Jung sprach davon, dass man bei der geplanten Reform des Klimaschutzgesetzes "einen großen Wurf" mit einem CO2-Einsparziel bis 2030 von "mindestens 65 Prozent" statt bisher 55 Prozent brauche. Allerdings zeigten sich auch erste Differenzen: Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) warnte nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung der SPD-Fraktion vor sozialen Folgen einer stärkeren Anhebung des Kohlendioxid-Preises etwa für Öl und Gas. Die Diskussion finde er "ein bisschen billig", weil die soziale Dimension ausgeblendet werde. Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Die SPD dringt stattdessen vor allem auf eine Verständigung über den Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Union und SPD berieten am Dienstag untereinander über die nach dem Karlsruher Urteil zum Klimaschutzgesetz nötige Reform. Am Mittwoch wollen sich dann die Regierungsspitzen zusammensetzen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte noch für diese Woche einen Entwurf angekündigt. Das Verfassungsgericht hatte vergangene Woche das Klimaschutzgesetz teilweise gekippt und etwa einen klareren Zeitplan gefordert, wann welche Treibhausgase eingespart werden sollen. Danach beschlossen sowohl SPD als auch Union, in die Offensive zu gehen - auch mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst und die derzeit in den Umfragen führenden Grünen. Sowohl Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet als auch CSU-Chef Markus Söder, Dobrindt und Jung wollen deshalb die Klimaneutralität Deutschlands nicht erst 2050 erreichen. Söder sprach von 2040, Dobrindt am Dienstag von 2045. Fraktionsvize Jung mahnte, die Koalition könne sich keinen langen Streit leisten, wenn sie eine Reform des Klimaschutzgesetzes noch in dieser Legislaturperiode beschließen wolle.

Am Dienstag zeigte sich aber, dass Union und SPD unterschiedlich vorgehen wollen. Die Union will als marktwirtschaftliches Instrument den CO2-Preis wesentlich schneller anheben als bisher geplant. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt schlug dazu vor, die Steigerungsstufen für 2022 und 2023 zu überspringen und von dem Einstiegspreis von 25 Euro in diesem Jahr direkt auf 45 Euro im kommenden Jahr zu springen. Unions-Fraktionsvize Jung wollte sich Dobrindt nicht sofort anschließen und sagte, es gebe verschiedene Wege für eine Erhöhung des CO2-Preises. Auf jeden Fall müssten alle Einnahmen vom Staat zurückgegeben werden: Die Union fordert eine Senkung der Stromsteuer und möglichst eine Abschaffung der EEG-Umlage. Ein höherer CO2-Preis soll die Investitionen in treibhausgasarme Technologien befeuern.

Dobrindt kündigte zudem neue CO2-Zwischenziele an: So wolle man nach den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts auch Klimaziele für 2035 und 2040 benennen. Im Jahr 2035 sollten keine neuen Autos mit Verbrennungsmotoren mit fossilen Energieträgern mehr zugelassen werden. Für die kommende Legislaturperiode könne er sich vorstellen, dass die Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) entfallen und die Stromsteuer deutlich reduziert werde, sagte Dobrindt. Dies hatte am Montag auch bereits CDU-Chef Laschet vorgeschlagen.

SPD-Kanzlerkandidat Scholz warf der Union nach Teilnehmerangaben in der SPD-Fraktionssitzung vor, den Strombedarf für 2030 und damit den erforderlichen Ausbau der Erneuerbaren Energien kleinzurechnen. "Ich gehe davon aus, dass wir 100 Terawattstunden mehr brauchen", zitierte ein Teilnehmer Scholz. Das habe konkrete Auswirkungen auf den Ausbaupfad für Erneuerbare Energien wie Sonne und Wind. "Das ist in den vergangenen Jahren von (Wirtschaftsminister Peter) Altmaier komplett verschlafen worden", warf Scholz dem CDU-Politiker demnach vor.

Auch SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch fordert von der Union neben einer Änderung des Klimaschutzgesetzes auch eine Verständigung auf den verstärkten Ausbau von Wind- oder Solarenergie. Die Vorschläge der SPD lägen auf dem Tisch, sagte er am Dienstag. "Da ist das Erneuerbare Energien Gesetz der Schlüssel." Ambitionierter Klimaschutz verlange dann auch Änderungen beim EEG.

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