Koalition begrüßt Google/Apple-Initiative für Corona-App

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Berlin (Reuters) - In der Koalition gibt es breite Zustimmung zur gemeinsamen Initiative von Apple und Google im Kampf gegen das Coronavirus.

"Die Zusammenarbeit von Apple und Google ist ein bemerkenswerter Schritt", sagte SPD-Chefin Saskia Esken am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. CDU/CSU-Fraktionsvizechefin Nadine Schön unterstützte die Ankündigung der beiden Technologiekonzerne, bei der Entwicklung von Technologien zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie zusammenarbeiten zu wollen, ebenfalls. "Grundsätzlich ist mehr Interoperabilität gut und begrüßenswert", sagte sie zu Reuters. Kritik kam dagegen von einem an der Entwicklung einer europäischen App beteiligten Start-Up.

Die amerikanischen IT-Riesen Google und Apple hatten angekündigt, gemeinsam eine Technologie zu entwickeln, mit der Handy-Nutzer ein Signal bekommen, wenn sie sich in der Nähe eines Corona-Infizierten aufgehalten haben. Die Konzerne statten weit mehr als 90 Prozent aller Smartphones mit ihren Betriebssystemen aus und wollen die neue Technologie dort integrieren. Bereits seit einiger Zeit wird über eine sogenannte Corona-App debattiert, mit deren Hilfe Infektionsketten nach einer Lockung der Ausgangsbeschränkungen nachverfolgt werden können. Eigentlich sollte eine deutsche App bereits diese Woche vorgestellt werden.

Digitalpolitikern von SPD und Union stellten aber Bedingungen für die Zusammenarbeit mit den US-Konzernen. "Entscheidend ist die Freiwilligkeit. Wenn Apple und Google das ermöglichen, etwa indem Apps auf ihre Betriebssysteme gesetzt werden können, ist das in Ordnung", sagte etwa der digitalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Tankred Schipanski. "Man muss ganz genau hinschauen: Die Hersteller der Betriebssysteme haben sehr große Eingriffsmöglichkeiten. Deshalb wäre wohl der bessere Weg, wenn sie nur die Schnittstellen ermöglichten und andere die Apps bereitstellten", betonte sein SPD-Kollege Jens Zimmermann. Unions-Fraktionsvize Schön pocht auf eine "Opt-Out"-Möglichkeit, wenn man Tracing-Technologie auf dem Handy habe.

Weil die amerikanischen IT-Firmen ankündigten, mittelfristig eine Corona-App mit ihrer Technik ganz ersetzen zu wollen, gibt es Zweifel, ob sie in Konkurrenz mit europäischen und deutschen Anstrengungen treten. So wollen etwa 130 Wissenschaftler aus mehreren europäischen Ländern mit der Initiative PEPP-PT eine Plattform entwickeln, auf der nationale Apps zum Corona-Tracing aufsetzen können. "Europa sollte nicht den Schlüssel zu seinen Daten abgeben", sagte auch Julian Teicke, Chef des Versicherungs-Startups Wefox, und führende Kraft hinter dem sogenannten Gesundzusammen-Projekt, das eine deutsche Anwendung auf den Markt bringen will. "Es ist nicht die beste Lösung, wenn Apple und Google die Server besitzen, auf denen alle Kontakte und medizinischen Angaben von Bürgern weltweit hochgeladen werden", sagte er zu Reuters.

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber, lobte dagegen, dass Google und Apple zugesichert hätten, das Projekt ohne die weitere Erhebung personenbezogener Daten anzulegen. Zudem sei geplant, wenigstens Teile des Programmcodes offenzulegen. "Das könnte nationale Initiativen beschleunigen", sagte Kelber zu Reuters.

Allerdings gibt es auch Warnungen vor zu großen Erwartungen: Man müsse sich noch bis Mitte Mai gedulden, sagte SPD-Chefin Esken. "Insofern ... sollten wir unsere Erwartungen an eine solche Tracing-App also nicht zu früh und nicht zu hoch schrauben." Und auch Stefan Groß-Selbeck, CEO von Boston Consulting Digital Ventures, warnte, Google und Apple hätten angegeben, dass die ersten Apps mit ihrem gemeinsam entwickelten System vielleicht erst im Juni auf den Markt kämen. "Das ist vielleicht zu spät, denn bis dahin werden viele Länder den Lockdown bereits gelockert haben."

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