Kutzers Zwischenruf: Können Privatanleger von HNWIs lernen?

Hermann Kutzer · Uhr

Hallo Leute! Gehört Ihr zu den „HNWIs“ oder gar zu den „Ultra-HNWIs“? Wenn nicht, solltet Ihr Euch ranhalten und den Aktienanteil in Eurem Portfolio erhöhen! (Ich rechne gerade mal zusammen, wo ich stehe). Im Ernst, es lohnt sich, mal den World Wealth Report (WWR) zu lesen, der die Anzahl der High Net Worth Individuals (HNWIs), deren Vermögen sowie die Trends der Wealth-Management-Branche erfasst. Ich hab‘ mir den heute von der Beratungsfirma Capgemini vorgestellt Report speziell durch die Börsenbrille angesehen - echt interessant (Achtung, viele Zahlen)!

So hat sich 2018 das Vermögen der Dollar-Millionäre um 3 Prozent verringert, nachdem es zuvor sieben Jahre in Folge kontinuierlich gewachsen ist. Dies ist vor allem auf einen Rückgang der Vermögen in der Region Asien-Pazifik (insbesondere in China) zurückzuführen. Weltweit betrug der Verlust 2 Billionen Dollar. Die Region Asien-Pazifik war am stärksten betroffen (wer hätte das erwartet): Hier sank die Anzahl der Privatanleger mit einem frei verfügbaren Vermögen von mehr als einer Million US-Dollar um 1,7 Prozent  und deren Vermögen verringerte sich um 4,8 Prozent, was insgesamt 1 Billion Dollar und damit die Hälfte des weltweiten Vermögensverlustes ausmacht. Allein China war im Asien-Pazifik-Raum für den größten Teil (53 Prozent) und weltweit gesehen für mehr als ein Viertel des Vermögensverlustes verantwortlich.

Wie im Vorjahr repräsentieren die Märkte mit den meisten Dollar-Millionären - die USA, Japan, Deutschland und China - 61 Prozent aller HNWIs weltweit. In Deutschland gab es erstmals seit 2008 erstmals wieder einen Rückgang der HNWI auf 1,35 Millionen. Das Gesamtvermögen der deutschen HNWI sank um 3,9 Prozent. Die Anzahl der Ultra-HNWIs, also Personen mit einem anlagefähigen Vermögen von mehr als 30 Millionen Dollar, ging um fast 4 Prozent zurück. Ihr Gesamtvermögen sank um rund 6 Prozent. Auch wenn nur rund jeder 100. Millionär zu dieser Gruppe zählt, machten deren Verluste 75 Prozent des Vermögensrückgangs weltweit aus.

Noch aktuellere Zahlen werden zur Asset Allocation vorgelegt: Die Verteilung des Vermögens auf verschiedene Anlageklassen hat sich deutlich verändert: Im ersten Quartal 2019 wurden die Aktien durch Bargeld ersetzt, womit letzteres 28 Prozent des Finanzvermögens ausmachte, während die Aktien mit knapp 26 Prozent (ein Rückgang von 5 Prozentpunkten) auf die zweite Position im Ranking der Anlageklassen rutschten. Der volatile Aktienmarkt führte dazu, dass etwas mehr in alternative Anlagen (strukturierte Produkte, Hedgefonds, Derivate, Fremdwährungen, Rohstoffe und Private Equity) investiert wurde: Mit einem Anstieg um 4 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr waren im ersten Quartal 2019 13 Prozent des HNWI-Vermögens in dieser Anlageklasse gebunden.

Große Zahlen, aber alles in allem doch keine dramatischen Veränderungen. Ich denke, die Super-Reichen haben 2018 vor allem wegen der Aktienschwäche bluten müssen (ohne zu verbluten) und deshalb ihr Vermögen zu Beginn des neuen Jahres teilweise umgeschichtet - in andere Anlageklassen und andere Anlageinstrumente. Können Privatanleger demnach von den HNWIs lernen? Nee, so pauschal sollte man das nicht bejahen. Aber eine zunehmende, geschickte Diversifikation des Depots macht schon Sinn. Falsch wäre es dagegen, beim Aktienmarkt nach einem Verlustjahr gleich auszusteigen. Ich gehe davon auch aus, dass der Aktienanteil wieder steigen wird. Und sollte die Kurserholung anhalten, wird der Wealth Report im nächsten Jahr wieder mehr Pluszeichen enthalten. Nehmt das mit, meine Freunde, denn ein schwaches Börsenjahr macht aus Reichen keine Arme - wenn sie langfristig auf Aktien setzen.

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