Lagarde nennt Konjunkturerholung holprig - EZB hält sich bereit

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Berlin/Frankfurt (Reuters) - Die EZB steht weiter bereit, den wackligen Aufschwung nach der Corona-Krise in der Euro-Zone zu stützen.

EZB-Chefin Christine Lagarde sprach am Montag in einer Videoschalte bei einer Anhörung vor einem Ausschuss des Europaparlaments davon, dass sich die Erholung "unvollständig, unsicher und holprig" vollziehe. Der EZB-Rat werde alle Informationen sorgfältig sichten und dabei auch den Wechselkurs miteinbeziehen. Es sei klar, dass er sich dämpfend auf die Inflation auswirke. Falls es nötig werde, sei die EZB auch bereit, ihre Instrumente anzupassen.

Lagarde betonte, die EZB sei nicht zufrieden mit der Situation, dass ihr Inflationsziel von knapp zwei Prozent verfehlt werde. Die Notenbank habe in der Vergangenheit aber bewiesen, dass sie ihre Instrumente erfolgreich nachschärfen könne - sei es eine Änderung des Fokus oder auch eine Erhöhung des Volumens ihrer Maßnahmen: Die EZB sei immer darauf vorbereitet, solche Schritte zu unternehmen, um ihrem Mandat nachzukommen, betonte sie.

Die EZB strebt knapp unter zwei Prozent Inflation als Idealwert für die Wirtschaft an. Dieses Ziel wird aber bereits seit Jahren verfehlt. Im August waren die Verbraucherpreise wegen billigerer Energie sogar um 0,2 Prozent gesunken. Es war das erste Mal seit 2016, dass die Inflation wieder ins Minus rutschte.[nL8N2GE1GV]

Die EZB hatte auf ihrer Sitzung im September nach mehreren großen Stützungsschritten allerdings keine neuen Maßnahmen beschlossen. Sie hatte ihr Corona-Notprogramm PEPP erst im Juni aufgestockt - von zuvor 750 Milliarden auf 1,35 Billionen Euro. Lagarde sagte vor dem Ausschuss, das Programm erweise sich als "äußerst effizient und hilfreich".

"DISKUSSIONEN GESUNDE SACHE"

Wie Reuters von Insidern erfuhr, waren aus dem EZB-Stab allerdings Vorschläge laut geworden, PEPP auszuweiten - auf zwei Billionen Euro. Lagarde habe dies in der Ratssitzung aber vom Tisch gewischt.[nL8N2GP2I6] EZB-Direktor Fabio Panetta forderte später, die Notenbank dürfe nicht zu zögerlich auf die Corona-Krise reagieren.[nL5N2GJ3QZ]

Zudem bereitet die Euro-Stärke den Währungshütern Kopfschmerzen. Auf der September-Sitzung des EZB-Rats seien auch dazu Differenzen offen zum Vorschein gekommen, sagten Insider, die mit den Vorgängen in der Frankfurter Zentrale der EZB vertraut sind. Kritik habe dabei insbesondere Chefvolkswirt Philip Lane auf sich gezogen, der nach Ansicht der Skeptiker zu zögerlich auf den Anstieg des Euro-Kurses reagierte, der den Exporteuren zu schaffen macht und damit die wirtschaftliche Erholung der Euro-Zone zu bremsen droht.

Lagarde sagte vor dem Europaparlament, sie mache sich generell keine größeren Sorgen über Meinungsverschiedenheiten, auch wenn sie als Konsens-Sucherin bekannt sei. Doch abweichende Meinungen und Diskussionen seien eine "gesunde" Sache unter den Führungsmitgliedern. Wenn jedoch eine Entscheidung gefallen sei, gelte es, diszipliniert den abgesteckten Kurs zu halten.

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