Mehr Corona-Fälle - Maskenpflicht im Freien in München

Reuters · Uhr

- von Alexander Hübner

München/Berlin (Reuters) - Als erste deutsche Millionenstadt beschließt München angesichts steigender Corona-Infektionen Einschränkungen des öffentlichen Lebens.

Rund um den zentralen Marienplatz soll von Donnerstag an auch auf der Straße eine Maskenpflicht gelten, für zunächst sieben Tage, wie Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Montag nach einer Sitzung des Krisenstabs ankündigte. "Wir müssen alles tun, um Menschenansammlungen zu vermeiden, das gilt insbesondere im Bereich des Feierns." Die Stadt hat private Feste als Ursache für viele Infektionen ausgemacht. Dort sollen sich im Freien nur noch 50, in geschlossenen Räumen maximal 25 Menschen treffen. "Wir müssen die Entwicklung jetzt brechen", sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU). "Wir können das nicht so laufen lassen."

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) macht vor allem der Blick über die Grenzen Sorgen. Man müsse verhindern, dass die Entwicklungen in den Nachbarländern auf Deutschland übergreife. "Wir haben es in der Hand, durch unser eigenes Verhalten", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Auf weitere Öffnungsschritte müsse daher verzichtet werden. Grenzschließungen sind nach Angaben einer Sprecherin von Innenminister Horst Seehofer (CSU) aber nicht geplant. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Ministerpräsidenten der Bundesländer für die kommende Woche zu einem Corona-Gipfel geladen.

"DEUTLICH BESSER VORBEREITET"

Mediziner haben für den Herbst schon vor steigenden Corona-Infektionszahlen gewarnt. Zuletzt hatten die Gesundheitsämter an einigen Tagen deutschlandweit wieder mehr als 2000 Ansteckungen mit dem gefährlichen Virus gemeldet, am Montag waren es nach Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) 922. Allerdings klaffen die Zahlen regional stark auseinander, in Bayern ist die Zahl der Infektionen je 100.000 Einwohner (Inzidenz) am höchsten.

In München hat die Sieben-Tages-Inzidenz am Freitag die als Alarmwert geltende Marke von 50 gerissen, am Montag lag sie nach Daten des Landes-Gesundheitsamtes bei 56. Innerhalb einer Woche haben sich in der 1,5-Millionen-Einwohner Metropole 826 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Einen Todesfall gab es aber seit Anfang August nicht mehr, nur wenige Infizierte liegen in Krankenhäusern. "Ich möchte baldmöglichst nicht mehr der größte Hotspot in Deutschland sein", sagte Reiter.

Gesundheitsminister Spahn äußerte "großes Verständnis" für die Maßnahmen in München. Die Zahl der Neuinfektionen sei aber allein kein ausreichender Parameter zur Einschätzung der Lage. Die Lage in Deutschland sei mit Blick auf das Gesundheitswesen noch recht entspannt. "Wir sind deutlich besser vorbereitet auf alles was kommen kann, als wir es im Frühjahr waren", sagte er im Deutschlandfunk (DLF). In Deutschland seien immer noch mehr Intensivbetten frei, als Frankreich und Italien zusammen hätten. Der Minister sprach sich für den verstärkten Einsatz von Corona-Schnelltests aus und kündigte die Einrichtung von Fieber-Ambulanzen ein, um Ansteckungen in Arztpraxen zu verhindern.

SÖDER WARNT VOR "FUSSBALL-ISCHGL" IN UNGARN

Auch außerhalb Bayerns steigen die Infektionen. Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg liegt die Sieben-Tages-Inzidenz nach einem Bericht des "Tagesspiegels" ebenfalls über 50. In den meisten europäischen Nachbarländern wie Österreich, Tschechien, Frankreich und den Niederlanden haben die Infektionen ebenfalls deutlich angezogen. Regierungssprecher Seibert sprach von einer unkontrollierten Ausbreitung des Virus in einigen Ländern. Spanien und Großbritannien haben für Teile des Landes bereits Beschränkungen des öffentlichen Lebens beschlossen.

Auch in Ungarn ist die Inzidenz deutlich höher als in Deutschland. Söder warnte die Fans des FC Bayern München daher davor, zum Supercup-Spiel gegen den FC Sevilla am Donnerstag zu reisen. Er befürchte, dass das Spiel in der Hauptstadt Budapest vor 20.000 Zuschauern angesichts der hohen Infektionszahlen dort "eine Art Fußball-Ischgl" werde. Die 2000 bis 3000 Bayern-Fans, die den Champions-League-Sieger begleiten wollen, müssten nach ihrer Rückkehr in Quarantäne. Die für kurze Geschäftsreisen gedachte Ausnahme von der Quarantäne-Pflicht gelte nicht für Sport- und Kultur-Events.

Meistgelesene Artikel