Nach WTO-Aushebelung: EU wappnet sich gegen weitere Handelskonflikte – Internationale Wirtschaftsordnung bald adé?

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Die EU wappnet sich gegen die möglichen Konsequenzen aus der US-Blockade der Welthandelsorganisation (WTO). Wie der neue EU-Handelskommissar Phil Hogan am Donnerstag mitteilte, soll das EU-Recht so angepasst werden, dass die Verhängung von europäischen Strafzöllen nicht mehr vom grünen Licht von WTO-Streitschlichtern abhängig ist. Dies soll es der EU ermöglichen, in Handelskonflikten reaktionsfähig zu bleiben.

Trump hat die WTO als Zoll-Richter ausgeschaltet

Die USA hatten zuvor mit einem Veto gegen die Ernennung neuer Berufungsrichter für die Streitschlichtung dafür gesorgt, dass die zweite Instanz seit Mittwoch nicht mehr existiert. Handelsdispute können damit nicht mehr geordnet über die WTO beigelegt werden.

US-Präsident Donald Trump hat in seiner Amtszeit eigenmächtig Strafzölle im Milliardenumfang gegen China, die EU und andere Handelspartner verhängt. Alle haben deshalb WTO-Streitschlichter eingeschaltet. Eine Verurteilung müssen die USA aber nicht fürchten, solange es keine Berufungsrichter gibt.

Die Streitschlichtung zählt zu den größten Errungenschaften der WTO. Damit können sich Mitgliedsländer gegen ihrer Ansicht nach unfaire Handelshemmnisse anderer Länder wehren. Rund 600 Fälle wurden seit Gründung der WTO 1995 angemeldet. Doch nun ist das Gremium nicht mehr handlungsfähig, da die USA seit Jahren eine Nachbesetzung der Berufungsrichter verhindern.

Für jedes Verfahren sind drei von normalerweise sieben Richtern nötig. Jetzt sind zwei weitere Mandate ausgelaufen, so dass nur noch die Chinesin Hong Zhao verblieben ist, die aber allein nicht handeln kann.

Die EU wappnet sich

Die Vorschläge von Hogan brauchen nun noch die Zustimmung des EU-Ministerrates und des Europaparlaments. Größerer Widerstand wird dort aber nicht erwartet. Laut dem Entwurf für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels wollen die Staats- und Regierungschefs dazu auffordern, die Initiative von Hogan vorrangig zu behandeln.

Kritik auch aus China

Die Streitschlichtung bei internationalen Handelskonflikten sei zu «einem weiteren Opfer des Unilateralismus und Protektionismus der USA geworden», sagte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Hua Chunying, vor Journalisten in Peking. „Es ist der schwerste Schlag für das multilaterale Handelssystem seit Gründung der WTO.“

Die Funktion der WTO als Streitschlichter

Die Welthandelsorganisation ist eine internationale Organisation mit Sitz in Genf, die sich mit der Regelung von Handels- und Wirtschaftsbeziehungen beschäftigt. Neben dem IWF und der Weltbank ist sie eine der wichtigsten internationalen Institutionen, die Handels- und Wirtschaftspolitik von globaler Bedeutung verhandelt. Die zwei Kernaufgaben sind im Grunde die Koordination der Mitgliedsstaaten bei der Wirtschaftspolitik zum einen und zum anderen die Streitentscheidung bei wirtschaftlichen Konflikten.

Die WTO hat keine Befugnisse zur Durchsetzung ihrer Streitentscheidungen, daher ist dieser ausführende Teil der WTO, der Dispute Settlement Body (DSB), eher eine Instanz mit moralisch-diplomatischer Funktion. Der DSB kann aber andere Staaten, die sich durch ein Verhalten geschädigt sehen, dazu autorisieren, auf einen Rechtsbruch mit Handelssanktionen zu reagieren.

Ein aktuelles Beispiel für eine solche Streitentscheidung wäre der Konflikt zwischen der EU und den USA um illegale Subventionen für Airbus, sowie für Boeing. Die WTO hatte den USA in diesem Jahr bereits die Erlaubnis für Strafzölle wegen solcher illegaler Subventionen für Airbus gegeben, eine Entscheidung über die Zölle seitens der US-Regierung steht noch aus. Die EU wiederum wartet noch auf eine ähnliche Entscheidung zu Boeing.

Die WTO hat 164 Mitglieder, darunter alle EU-Staaten, die USA, China und Russland. Lediglich einige Staaten in Afrika und im mittleren Osten gehören nicht zum Bündnis dazu.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Michel Passet / Shutterstock.com

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