Netflix: Wachstum wird langsamer, Angebot wird kleiner, aber die Preise sollen steigen – Haben Konzern und Aktie ihr Zenit überschritten?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Auf den Platzhirschen im Streaming-Markt scheinen schwere Zeiten zuzukommen. Disney und Apple scharren mit den Hufen, um ihr Stück vom Kuchen zu bekommen. Amazon schläft auch nicht und baut sein Angebot kontinuierlich aus. Bei Netflix hingegen dürfte das Programm erst einmal kleiner werden. Dafür sollen aber die Preise weiter steigen. Ist das noch der richtige Weg?

Konkurrenz wird immer größer

Wer Star Wars-Filme oder die beliebten Disney-Zeichentrickfilme auf Netflix sucht, der schaut mittlerweile in die Röhre. Je näher der Start des eigenen Streaming-Kanals rückt, desto mehr entzieht der US-Unterhaltungskonzern der Nummer 1 im Markt seine Inhalte. Schon bald dürfte kein einziger Inhalt, der im Mickey Mouse-Konzern produziert wird, bei Netflix zu sehen sein. Warum sollte Walt Disney den Konkurrenten auch noch mit Content füttern, wenn der Konzern damit viel besser selbst Geld verdienen kann. Viele andere Anbieter folgen diesem Weg ebenfalls.

Preisgekrönte Dokus ebenfalls nicht mehr im Programm

Discovery und die BBC bringen ebenfalls einen Naturdoku-Streaming-Dienst an den Start. Auch das trifft das Angebot von Netflix. Anfang April stellten die beiden neuen Partner ihre Pläne vor. Kurz zuvor waren beim US-Streaming-Anbieter viel preisgekrönte Dokumentarfilme wie zum Beispiel Life – Das Wunder Leben“, „Unbekanntes Afrika“, „Frozen Planet – Eisige Welten“ oder „Unser Blauer Planet“ aus dem Angebot von Netflix verschwunden. Da der Deal zwischen Discovery und der BBC auf 10 Jahre angelegt ist, dürften die Dokus in diesem Zeitraum nicht bei Netflix mehr auftauchen.

Eigenproduktionen werden immer wichtiger

Da immer mehr Konzerne auf den Streaming-Markt drängen, wird es für Netflix zusehens schwieriger die Abonnenten bei Laune zu halten. Damit die Doku-Fans nicht komplett abspringen hat der US-Streamingdienst Anfang April eine eigene Doku-Serie mit dem Namen „Unser Planet“ ins Programm genommen. Das Angebot ist sehr nahe an die BBC-Produktionen angelehnt und ist auch vom Publikum gut angenommen worden.

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Mit dem Prinzip: „Dann machen wir die Inhalte eben selbst“ steigt aber auch das Risiko für Netflix. Bislang konnte der Streaming-Dienst immer ablesen welche Serie und welcher Film gut ankamen und dann versuchen sie ins eigene Programm zu holen. Jetzt muss Netflix hoffen, dass die eigenen Produktionen selbst immer den Nerv der Abonnenten treffen. Mit der Serie „Dogs of Berlin“ ist Netflix das schon nicht mehr so deutlich gelungen. Weitere Fehlschläge könnten daher nicht nur hohe Produktionskosten verursachen, sondern auch Abonnenten kosten. Die Zukunft wird für Netflix nicht mehr so einfach wie zuletzt. Das sieht der Konzern wohl auch so, denn bei den zahlenden Kunden tritt Netflix schon auf die Bremse.

Zahl der neuen Abonnenten halbiert sich im zweiten Quartal

Netflix hat Anleger nach einem starken Jahresauftakt auf schwächeres Nutzerwachstum eingestellt. Weltweit kamen im ersten Quartal unter dem Strich 9,6 Millionen neue Bezahlabos hinzu, wie der Online-Videodienst am Dienstag nach US-Börsenschluss mitteilte. Insgesamt brachte es Netflix Ende März auf knapp 149 Millionen bezahlte Mitgliedschaften. Für das laufende Vierteljahr stellte der Streaming-Riese jedoch nur 5 Millionen neue Kunden in Aussicht und enttäuschte damit die nach Preiserhöhungen bereits gedämpften Erwartungen der Experten. Für die Fantasie der Anleger ist die Zahl der neu gewonnenen Kunden eigentlich wichtiger. An der Börse wird die Zukunft gespielt und die wird für Netflix, wie die geplanten Neukundenzahl zeigt, schwieriger.

Q1 der letzte Lichtblick für einige Zeit?

Der Start ins neue Geschäftsjahr ist Netflix sehr gut gelungen. Das Ergebnis je Aktie belief sich auf 0,76 US-Dollar, nachdem im Vorjahresviertel ein Gewinn je Aktie von 0,64 US-Dollar in den Büchern gestanden hatte. Analysten hatten mit 0,57 US-Dollar gerechnet. Der Umsatz wurde auf 4,52 Milliarden US-Dollar gesteigert, nach 3,7 Milliarden US-Dollar im Vorjahreszeitraum. Die Experten hatten mit Erlösen von 4,5 Milliarden US-Dollar gerechnet. Der Gewinn kletterte von 290 Millionen auf 344 Millionen Dollar (305 Millionen Euro).

Für die Aktionäre sind die abgelaufenen Zahlen allerdings nicht so wichtig, wie die zukünftige Entwicklung der Kundenzahl. Hier hat Netflix die Investoren zum einem mit einem deutlich langsameren Wachstum verschreckt. Zudem traf der Streamingdienst auch beim Ausblick nicht die Erwartungen der Analysten. Netflix plant mit einem Ergebnis je Aktie von 0,55 US-Dollar und liegt damit weit unter den Markterwartungen, die teilweise bei 1 US-Dollar gelegen hatten. Beim Umsatz rechnet der Konzern mit 4,93 Milliarden US-Dollar. Die Analysten hatten mit Erlösen von 4,96 Milliarden US-Dollar gerechnet.

Erster Schreck verdaut

Kurz nach den Zahlen rutschte die Aktie nachbörslich um mehr als 4 Prozent ab. Mittlerweile scheinen sich die Anleger aber wieder etwas beruhigt zu haben, denn das Wertpapier liegt nur noch etwas mehr als 1 Prozent im Minus. Das ganz große Chaos zum US-Handelsstart dürfte damit wohl abgewendet sein.

UBS rät weiterhin zum Kauf

Die Schweizer Großbank UBS hat die Einstufung für Netflix nach Quartalszahlen auf „Buy“ mit einem Kursziel von 420 US-Dollar belassen. Das erste Quartal des Streaminganbieters und Filmproduzenten habe Positives und Negatives beinhaltet, schrieb Analyst Eric Sheridan in einer am Mittwoch vorliegenden Studie. Die Preismacht von Netflix bleibe der wichtigste positive Treiber.

Von Markus Weingran

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Bild: Ken Wolter / Shutterstock.com

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