Olaf Scholz mit 395 Ja-Stimmen zum Bundeskanzler gewählt

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

- von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) - Olaf Scholz ist Bundeskanzler.

Er erhielt am Mittwoch im Bundestag in geheimer Wahl 395 Ja-Stimmen und ist der vierte Kanzler der SPD in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP verfügen über 416 der insgesamt 736 Abgeordneten. Es nahmen allerdings nicht alle Abgeordnete an der Abstimmung teil, auch bei den Ampel-Fraktionen fehlten nach Angaben der Fraktionsführungen sechs Parlamentarier und Parlamentarierinnen. Scholz bekam also nicht alle Stimmen der anwesenden Vertreter der drei Regierungsparteien. Dies war allerdings auch bei der ersten Wahl von Angela Merkel zur Kanzlerin 2005 der Fall.

Abgegeben wurden laut Bundestagspräsidentin Bärbel Bas insgesamt 707 Stimmen. Nötig war für die Wahl zum Kanzler eine Mehrheit von mindestens 369 Stimmen. Mit Nein stimmten Bas zufolge 303 Parlamentarier und Parlamentarierinnen. Auf der Ehrentribüne hatten die scheidende Kanzlerin Merkel, der frühere Kanzler Gerhard Schröder, der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck sowie etliche Mitglieder des neuen Kabinetts die Wahl verfolgt.

Nach der Übergabe der Ernennungsurkunden durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier findet im Bundestag um die Mittagszeit die Vereidigung von Scholz statt. Am Nachmittag ist die Amtsübergabe von Merkel an Scholz vorgesehen. Am Abend tritt das neue Kabinett erstmals zusammen. Am Nachmittag sind zudem in den Ministerien Übergaben durch die alten Minister und Ministerinnen an ihre Nachfolger geplant.

Die Fraktionsvorsitzenden der SPD und der Grünen hatten Scholz zuvor die Unterstützung der Regierungsfraktionen zugesagt. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte in der ARD, es handele sich um eine Beziehung "auf Augenhöhe", weil Gesetze im Parlament beraten und beschlossen würden. Das wüssten auch die künftigen Ministerinnen und Minister. Die neue Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann betonte die Geschlossenheit ihrer Fraktion zum Start der Ampel-Regierung. "Wir haben den klaren Auftrag, die Projekte aus dem Koalitionsvertrag zu realisieren", sagte Haßelmann in der ARD.

Allerdings gab es auch erste Dissonanzen in den Reihen der Ampel-Politiker. Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour kritisiert SPD-Fraktionschef Mützenich für die Bemerkung, dass die Außenpolitik der Ampel-Koalition vor allem auch aus dem Kanzleramt gesteuert werde. "Nein ... Außenpolitik wird nicht 'insbesondere im Kanzleramt gesteuert'", twitterte der Grünen-Politiker. "Das Auswärtige Amt so herabzusetzen ist die überkommene 'Koch-Kellner-Logik'", fügte er in Anspielung auf einen Streit in der früheren rot-grünen Regierung Schröders hinzu. "Wir sollten auf der Grundlage des Koalitionsvertrags Vertrauen aufbauen, nicht Vorgärten pflegen", betonte Nouripour. Mützenich hatte im Deutschlandfunk gesagt, dass "eine kluge deutsche Außenpolitik insbesondere im Kanzleramt auch gesteuert und auch gedacht wird".

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