onvista-Börsenfuchs: Kurz, mittel, lang – Euer Anlagehorizont ist wichtig

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr

Hallo Leute! Rund um die Börse herrscht ziemliches Durcheinander. In den Kursen kommt das allerdings nicht zum Ausdruck. Klar, die Meinungen der Profis gehen auseinander, wie es wohl weitergeht. Mit dem näher rückenden Jahreswechsel wird aber zunehmend diskutiert, was wann kommt (Konjunktur, Inflation). Hey, das solltet auch Ihr beachten, meine Freunde. Deshalb empfehle ich unbedingt, mal selbstkritisch über seinen Anlagehorizont nachzudenken. Beispiel: Wer wirklich ganz langfristig tickt, braucht sich über das Wirtschaftswachstum im nächsten Jahr nicht den Kopf zu zerbrechen.

Aktien- und Rentenmärkte bewegen sich momentan auf sehr hohem (Rekord-Niveau). Unser Dax hat inzwischen sogar den Sprung über 16.100 Punkte gepackt, getrieben vor allem von überwiegend guten Unternehmensergebnissen. Allerdings liegen diese ja in der Vergangenheit. Die nähere Zukunft hat sich zuletzt eher etwas eingetrübt: Die Inflationssorgen lassen nicht nach, das Pandemiegeschehen nimmt beschleunigt an Fahrt auf und Unsicherheiten bestehen weiterhin wegen der Lieferketten und Chinas Wachstumsaussichten.

Für die Bullen unter den Analysten (wie z.B. die DekaBank) gilt als das wahrscheinlichste Szenario, dass die Inflationsraten schon bald - etwa ab Januar - wieder den Rückzug antreten. Mit einer ersten Zinserhöhung durch die EZB rechnen die Frankfurter nun erst im Jahr 2025. Deutlich weiter im Aufholprozess nach der Corona-Rezession ist Ami-Land, wo von der Fed schon im Herbst 2022 der erste Zinsschritt erwartet werden kann. Mit Blick auf die Finanzmärkte ist die Unsicherheit über den weiteren Inflationsverlauf „durchaus erheblich“. Das Risiko von Zweitrunden-Effekten, also einer Lohn-Preis-Spirale, sollte intensiv beobachtet werden. Doch beruhigen die Banker, weil sie erwarten, dass sich die Engpassprobleme in den kommenden Quartalen lichten werden, die Konsumausgaben und Investitionen weiter stabil bleiben und dass sich die Inflationsdiskussion wieder beruhigen wird. Zugleich steht zu erwarten, dass die Finanzierungsbedingungen günstig bleiben und die Aktienbörsen daher weiteren Höchstständen entgegenstreben.

Um die Bandbreite der Meinungen zu zeigen: Selbst die jüngste 6,2 Prozent Steigerung der Ami-Inflation ändert nix an der Einschätzung vieler Marktteilnehmer, es müsse sich um eine vorübergehende Anomalie handeln. Bei BlueBay Asset Management, einer Tochter der Royal Bank of Canada, sieht man das ganz anders: „Wir halten diese Einschätzung schlichtweg für falsch.“ Je länger die Inflation hoch bleibt, desto mehr verfestigt sich die Forderung der Arbeitnehmer nach höheren Löhnen. Auch den Unternehmen kommt es oft nicht ungelegen, wenn sie Preisdruck ausüben und höhere Preise an die Verbraucher weitergeben können.

Dazu liefert BlueBay ein typisches Erlebnis: Ein ehemaliger US-Politiker hat herausgefunden, dass die Stundensätze für Kellner in seinem Lieblingsrestaurant in Vail / Colorado inzwischen bei über 60 Dollar liegen. In Gesprächen mit Unternehmen hat er erfahren, dass sie dort Preiserhöhungen im Jahr 2021 nur relativ zögerlich auf den Weg brachten, für 2022 aber größere Erhöhungen planen, um die gestiegenen Kosten weiterzureichen.

Wie auch immer, die Diskussion über das Tempo von Konjunktur und Inflation wird uns über den Jahreswechsel hinaus begleiten. Gut möglich ist, dass es bis zum Ultimo noch zu einer Welle von Gewinnmitnahmen kommt. Denn viele (mutige) Anleger haben 2021 voll gut verdient und wollen das nicht gleich wieder verlieren. Es ist ja keine ausgemachte Sache, dass die Ungewissheit schon in den ersten Monaten 2022 schwindet. Also werden sich auch mittelfristig denkende Aktienfans fragen, ob sie nicht erst mal zur Kasse schreiten sollten. Und vergesst nicht, Leute, dass der Herdentrieb ziemlichen Druck auf die Kurse zur Folge haben kann - nach unten.

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