onvista-Börsenfuchs: Viele Privatanleger sind schon (zu) mutig geworden

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr

Hallo Leute! Gehört Ihr auch zu den Mutigen, die längst wieder aktiv geworden sind? Ich bin voll überrascht von den Zahlen, die der Deutsche Derivate Verband (DDV) vorhin vorgelegt hat mit der Headline „Aktiv durch den Bärenmarkt - Anleger nutzen Chance zum Nachkauf.“ Häh? Wir sind doch noch nicht über den Berg. Und was das Virus in der Wirtschaft alles kaputtmacht, weiß kein Mensch, ist also immer noch Spekulation.

Trotzdem stellt der DDV in einer Online-Befragung folgendes fest: Die überwiegende Mehrheit der Privatanleger in Deutschland nutzt derzeit die volatilen Märkte, um die Positionen in ihren Depots aufzustocken. Mehr als 58 Prozent geben an, dass sie nach dem Crash damit begonnen haben, einzelne Positionen günstiger nachzukaufen. Weitere 31 Prozent der Befragten geben an, dass sie sich gegenwärtig lieber nicht an den Märkten engagieren und stattdessen abwarten bis sich die Lage nachhaltig stabilisiert hat. Die verbleibenden 11 Prozent haben sich von verlustreichen Positionen getrennt haben und möchten ihr Depot bei Gelegenheit offenbar neu aufstellen. Aha, die meisten Mutigen sind die Selbstentscheider, also Fortgeschrittene wie Ihr, meine Freunde.

Ihr merkt schon, dass ich meine Zweifel noch nicht begrabe. Selbst wenn die Nachrichten zum Verlauf der Pandemie jetzt täglich mehr Hoffnung verbreiten - erstens sind sie weltweit voll uneinheitlich und zweitens steht die anschließende Erholung der Konjunktur (Tempo und Ausmaß) weit weg in den Sternen. Da können Analysten und Volkswirte noch so viele Gutachten veröffentlichen - auf die gebe ich momentan noch nix.

Bei der Gelegenheit möchte ich grundsätzlich empfehlen, zwischen „nachkaufen“ und „verbilligen“ zu unterscheiden (was kaum einer macht). Ich glaube, derzeit wird vor allem verbilligt. Und davor kann ich nur warnen, denn erfahrungsgemäß geht das ziemlich oft in die Hose, weil man gutes Geld (= frisches Kapital) dem schlechten Geld (= Aktien im Keller) hinterherwirft. Man verbilligt dadurch zwar sein Einstandsniveau, verdrängt aber, dass die Kurse noch (viel) tiefer fallen können! Deshalb macht es umgekehrt mehr Sinn nachzukaufen, nämlich wenn sich der Aktienkauf als richtig bestätigt, die Kurse also einen Aufwärtstrend („The Trend is your Friend“) zeigen. Dann sollte man eher an ein Nachkaufen denken, um eine richtige Entscheidung zu bestätigen.

Die Zeitfrage bleibt für kurz- und mittelfristige Anleger der Knackpunkt: Wann tritt was ein (Ende von Pandemie und Rezession)? Ich sympathisiere mit der Empfehlung britischer Investmentstrategen: Investoren sollten in der jetzigen Phase zuerst ihr Kapital schützen, um nach der Pandemie mit Wind im Rücken auf hochwertige Unternehmen zu setzen.

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