ROUNDUP: Covestro nur knapp in der Gewinnzone - Dividendenhöhe unklar

dpa-AFX · Uhr

LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Der Kunststoffspezialist Covestro bekommt die Coronavirus-Krise mit voller Wucht zu spüren. Der Stillstand in vielen Lebens- und Wirtschaftsbereichen machte dem Dax -Konzern zum Jahresstart zusätzlich zum ohnehin hohen Konkurrenzdruck das Leben schwer. Die Höhe der Dividende für 2019 ist zudem offen. Die Aktien setzen am Mittwochvormittag davon unbeeindruckt ihre jüngste Erholung mit einem Plus von 1,67 Prozent auf 31,020 Euro fort. Seit dem Beginn der Corona-Krise im Februar beläuft sich das Minus damit aber immer noch auf rund 22 Prozent.

Unter dem Strich stand im ersten Quartal ein Minigewinn von 20 Millionen Euro - fast 90 Prozent weniger als vor einem Jahr. Und Konzernchef Markus Steilemann bleibt skeptisch. "Wenn wir auf das zweite Quartal schauen, dann erwarten wir, dass sich die Krise noch stärker auswirken wird", sagte der Manager im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. So ist für den Konzern gerade das Geschäft mit der schon länger kriselnden Auto- sowie mit der Bauindustrie wichtig.

Eine konkrete Prognose für das zweite Quartal traut sich der Manager wegen "der sich verstärkenden Unsicherheiten, aber auch der wirtschaftlichen Entwicklung weltweit" vorerst nicht zu. "Man sieht am Geschäftsverlauf, dass die Krise um die Welt wandert", sagte Steilemann. "Während wir in Asien im Februar/März die entsprechenden Rückgänge sehr deutlich gesehen haben, kamen sie mit etwas Verzögerung nach Europa und jetzt schlagen sie voll in den Vereinigten Staaten durch." In Asien gebe es derweil schon wieder eine Belebung, insbesondere in Teilen des Heimelektronikmarkts. "Die Leute kaufen Monitore, Kameras, VR-Brillen, Laptops." Zudem sei Polycarbonat-Hartplaste gerade als Gehäuse für Medizintechnik gefragt.

Den Ausblick für das Gesamtjahr hatte der Spezialchemiekonzern bereits Mitte April gekappt. Für 2020 wird seither ein Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 700 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro in Aussicht gestellt, nachdem ursprünglich bis zu 1,5 Milliarden Euro angepeilt worden waren. Dabei geht der Spezialchemiekonzern im Kerngeschäft von einem Mengenrückgang aus, statt eines Wachstums. Angesichts der Unsicherheiten sind weitere Prognoserevisionen im Jahresverlauf zudem nicht ausgeschlossen

Im abgelaufenen ersten Quartal sanken die verkauften Mengen im Kerngeschäft vor allem wegen eines Nachfrageeinbruchs in China um 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Da die Preise zusätzlich wegen des starken Wettbewerbs - die Branche leidet schon länger unter Überkapazitäten - unter Druck standen, fiel der Umsatz mit minus 12,3 Prozent auf rund 2,8 Milliarden Euro noch stärker. Beim operativen Gewinn (Ebitda) hinterließen die niedrigen Verkaufspreise noch tiefere Spuren: er brach um 42,5 Prozent auf 254 Millionen Euro ein.

Unter Druck standen dabei alle drei Geschäftsbereiche. Den größten Ebitda-Einbruch verzeichnete mit rund 68 Prozent das Segment PUR (Polyurethane), rund um Vorprodukte für Hart- und Weichschäume. In der Sparte für harte Kunststoffe (PCS, Polycarbonate) fiel der operative Gewinn um knapp 30 Prozent. Beide Sparten litten insbesondere unter einer schwächeren Nachfrage der Auto- und der Elektroindustrie. Im kleineren Bereich CAS rund um Vorprodukte für Lacke, Klebstoffrohstoffe und Spezialanwendungen war das Ebitda-Minus dank Kostensenkungen sowie des Anteils rentablerer Spezialprodukte mit 11 Prozent am kleinsten.

Mit zusätzlichen Einsparungen will das Management, wie auch seit Mitte April bekannt ist, gegensteuern. Zusätzlich zum bereits im Herbst 2018 gestarteten Effizienzprogramm wurde das Ziel für weitere kurzfristige Kosteneinsparungen um zusätzliche 100 Millionen Euro auf 300 Millionen Euro für das laufende Geschäftsjahr erhöht. Die laufenden Investitionen sollen um 200 Millionen auf 700 Millionen Euro sinken. Bereits im Januar hatte Covestro zudem wegen des schwierigen Marktumfeldes eine Milliardeninvestition in ein Kunststoffwerk in den USA auf Eis gelegt.

Finanziell sieht sich Covestro indes gut aufgestellt. Die Bilanz sei stark, das Unternehmen verfüge über erhebliche liquide Mittel. Diese umfassten derzeit rund 1,2 Milliarden Euro. Der Konzern verweist zudem auf eine bisher nicht in Anspruch genommene revolvierende Kreditlinie in Höhe von 2,5 Milliarden Euro.

Eine solide finanzielle Basis könnte sich im weiteren Jahresverlauf auszahlen. Denn: beim auch für die Dividende wichtigen freien operativen Mittelfluss (Free operating Cashflow) stand im ersten Quartal ein Minus von 249 Millionen Euro, es flossen also Gelder ab. 2020 sieht das Management die Kenngröße zwischen minus 200 und plus 300 Millionen Euro.

Ob das Auswirkungen auf die Dividende hat, ist noch offen. Ursprünglich sollten 2,40 Euro je Aktie ausgeschüttet werden. Analysten zweifeln aber schon länger daran. Viele Konzerne haben zuletzt ihre Dividenden bereits gekürzt oder ganz gestrichen. "Aktuell gibt es zu der neu einberufenen Hauptversammlung am 30. Juli keine Entscheidung hinsichtlich des Dividendenvorschlags", sagte Steilemann. Das Aktionärstreffen wird wegen der Coronavirus-Pandemie zudem wie bei anderen Konzernen auch online stattfinden./mis/eas/stk

Neueste exklusive Artikel