ROUNDUP/Eiszeit im Wiener Lockdown: Neustart der Atomgespräche mit dem Iran

dpa-AFX · Uhr

WIEN (dpa-AFX) - Hochrangige Diplomaten aus Deutschland und anderen Staaten haben einen neuen Vermittlungsversuch im Atomstreit zwischen dem Iran und den USA begonnen. Nach fünfmonatiger Unterbrechung trafen die Verhandler am Montag in Wien zusammen, um das Atomabkommen mit dem Iran aus dem Jahr 2015 zu retten. Dafür müsste Washington seine Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik aufheben, und der Iran müsste sein Atomprogramm wieder einschränken. Eine Einigung wird von Diplomaten - wenn überhaupt - frühestens nach monatelangen Gesprächen für möglich gehalten. Von einer Entspannung des diplomatischen Konflikts war am Montag jedenfalls nichts zu spüren.

Die allgemeine Atmosphäre in Wien trug auch nicht gerade zur Stimmung bei. Österreich befindet sich seit einer Woche im Corona-Lockdown. Alle Delegierten trugen FFP2-Masken, als das Treffen im Nobelhotel Palais Coburg formell eröffnet wurde. Genau dort wurde auch vor sechs Jahren das Abkommen ausverhandelt, das durch strenge Auflagen für Irans Atomanlagen den Bau von Nuklearwaffen verhindern sollte. Im Gegenzug wurden westliche Sanktionen aufgehoben.

Diese Woche finden die Gespräche unter gänzlich anderen Vorzeichen statt: Die Vertreter Washingtons sind zwar in Wien, sitzen aber nicht mit am großen Verhandlungstisch. Erstens, weil die USA 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Pakt austraten. Zweitens, weil Teheran das so will. Es werde definitiv keine direkten Verhandlungen geben, sagte Teherans Außenamtssprecher Said Khatibzadeh. Somit waren erneut Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China wie auch schon in vergangenen Runden als Vermittler am Zug.

Neu ist in Wien auch die Zusammensetzung der Delegation aus Teheran. Denn seit der letzten Verhandlungsrunde im Juni übergab Irans pragmatischer Präsident Hassan Ruhani sein Amt an den erzkonservativen Ebrahim Raisi. Für Diplomaten aus anderen Ländern stellte sich deshalb vor der Wiederaufnahme der Gespräche in Wien die Frage, ob der Iran zumindest die bisher ausverhandelten Punkte akzeptieren wird oder ob man wieder bei Null anfangen muss.

Irans Chefverhandler ließ sich am Montag vorerst nicht in die Karten blicken. "Wir gehen gut vorbereitet und sehr entschlossen in die neue Verhandlungsrunde und werden unsere Forderung bezüglich der Aufhebung der Sanktionen konsequent durchsetzen", sagte er. Das Ziel der anderen beteiligten Länder ist die Eingrenzung des iranischen Atomprogrammes. Als Reaktion auf den US-Ausstieg hat der Iran seine Atomanlagen ausgebaut, fast waffenfähiges Uran produziert und internationale Inspektionen eingeschränkt.

Trotz aller Unterschiede zu 2015 gibt es eine Konstante: Verhandlungsrunden im Rahmen des Atomabkommens werden von Warnungen aus Israel begleitet. Regierungschef Naftali Bennett forderte am Montag Bündnispartner auf, "nicht der iranischen Erpressung nachzugeben". Teheran wolle die Aufhebung von Sanktionen ohne Gegenleistung und sei weiterhin bestrebt, Israel zu zerstören. Die Regierung in Jerusalem erhielt dabei Unterstützung aus London. Die britische Außenministerin Liz Truss und ihr israelischer Amtskollege Yair Lapid betonten gemeinsam, dass sie "Tag und Nacht arbeiten" würden, um iranische Atomwaffen zu verhindern./al/fmb/DP/ngu

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