ROUNDUP/Wahlrechtsänderung in Polen: Opposition spricht von 'Staatsstreich'

dpa-AFX · Uhr

WARSCHAU (dpa-AFX) - Polens Opposition hat scharfe Kritik am Vorhaben der nationalkonservativen Regierungspartei PiS geübt, das Wahlrecht für die Präsidentenwahl am 10. Mai zu ändern. "Die PiS verübt einen Staatsstreich, um sich die volle Macht für weitere Jahre zu sichern", schrieb die Präsidentschaftskandidatin des größten Oppositionsbündnisses Bürgerkoalition (KO), Malgorzata Kidawa-Blonska, am Dienstag auf Twitter. Am Montagabend hatte das polnische Parlament in erster Lesung einem Gesetzentwurf der PiS zugestimmt, nach dem die Präsidentenwahl wegen der Corona-Epidemie als reine Briefwahl abgehalten werden soll.

Die Opposition verlangt wegen der Einschränkungen des öffentlichen Lebens eine Verlegung der Wahl. Die PiS ist dagegen. Ihr Kandidat, Amtsinhaber Andrzej Duda, führt in allen Umfragen. Bei einem späteren Termin könnte das Ergebnis anders ausfallen, falls Polen dann von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise erschüttert wird.

Die Einführung der in Polen bislang kaum gebräuchlichen Briefwahl könnte die Gesundheit der Briefträger gefährden, zu einem organisatorischen Alptraum werden und die Sicherheit und Vertraulichkeit der Abstimmung beeinträchtigen, hatten Vertreter der Opposition in der Parlamentsdebatte argumentiert. Juristen verweisen zudem auf ein Urteil des Verfassungsgerichts, wonach Änderungen des Wahlrechts nur bis zu sechs Monate vor einer Wahl zulässig sind.

Der Gesetzentwurf geht nun an den Senat. Die zweite Kammer des Parlaments wird von der Opposition dominiert, hat aber nur beratende Funktion. Senatssprecher Tomasz Grodzki kündigte an, man werde die Novelle in Gesprächen mit dem Ombudsmann für Bürgerrechte, dem Verfassungsgericht und Epidemiologen gründlich prüfen. Dies werde wohl die 30 Tage in Anspruch nehmen, die dem Senat dafür zustehen.

In diesem Fall hätte die PiS nur wenige Tage vor dem Wahltermin, um die Änderungen durchs Parlament zu bringen. Doch dafür hat sie in ihrem Entwurf eine Hintertür geschaffen: Die Parlamentspräsidentin hat demnach die Möglichkeit, die Wahl auf den 17. Mai zu verschieben./dhe/DP/nas

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