Rufe nach baldiger Aufhebung von Corona-Auflagen werden lauter

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

(neu: Impfquote, fasst Ticker-Einträge zusammen)

Berlin (Reuters) - Angesichts einer weiter steigenden Impfquote gegen Covid-19 in Deutschland mehren sich Forderungen nach einer baldigen Aufhebung der Einschränkungen.

Außenminister Heiko Maas sprach sich dafür aus, Auflagen für Geimpfte zu beenden, sobald allen ein Impfangebot gemacht werden könne. "Damit ist im Laufe des August zu rechnen", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur und der "Süddeutschen Zeitung". Ähnlich äußerten sich Vertreter von CDU/CSU und FDP, die sich damit auch der Position der Kassenärztlichen Bundesvereinigung anschlossen.

"Wenn alle Menschen in Deutschland ein Impfangebot haben, gibt es rechtlich und politisch keine Rechtfertigung mehr für irgendeine Einschränkung", sagte Maas. Der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, sagte der "Welt", in diesem Fall sei "die Aufhebung von Schutzmaßnahmen (...) verfassungsrechtlich zwingend". CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte in Berlin, wer sich trotz eines Angebots nicht impfen lasse, könne "natürlich zunehmend weniger erwarten". Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, erklärte: "Wenn von Personen keine Gefahr mehr ausgeht, müssen Grundrechtseinschränkungen zurückgenommen werden."

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind mittlerweile 56,5 Prozent der Deutschen mindestens einmal geimpft, 38,9 Prozent haben bereits die Zweitimpfung und damit den annähernd vollen Schutz. Auch der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, hat sich für ein Ende der Auflagen für Geimpfte ausgesprochen, wenn ein Impfangebot für alle vorliegt. Für eine Herdenimmunität setzt das RKI allerdings eine Impfquote von 80 bis 85 Prozent an. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte daher eine breit angelegte Kampagne: "Wir müssen mit dem Impfstoff auf die Strasse. In die Ausgehmeilen, vor die Shisha Bars, vor die Cafés", schrieb er auf Twitter. "Nur so kommen wir an die 85 Prozent der Erwachsenen heran."

Der Präsident des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, ist der Meinung, dass eine Herdenimmunität kurzfristig nicht zu erreichen sei. "Menschen, die skeptisch sind, müssen wir überzeugen. Die zehn Prozent, die sich ums Verrecken nicht impfen lassen wollen, werden ihre Immunität erreichen, indem sie eine Erkrankung durchmachen", sagte Montgomery den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Schlüssel zum Erfolg sei eine möglichst hohe Durchimpfung der Bevölkerung, dafür müsse man Anreize setzen. 

RUSSLAND MELDET REKORDZAHL AN TOTEN

Die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland bleibt nach Angaben des RKI konstant auf niedrigem Niveau. Für Dienstag meldete das Institut 440 neue Positiv-Tests und damit 36 mehr als vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank auf 4,9 von 5,0 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. 31 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen 24 Stunden auf 91.062. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 3,7 Millionen Corona-Tests positiv aus.

Für Unsicherheit sorgt trotz dieser relativ niedrigen Zahlen allerdings weiter die schnelle Ausbreitung der Delta-Variante. In Russland meldeten die Behörden am Dienstag so viele Tote in Zusammenhang mit dem Coronavirus wie nie zuvor. Binnen 24 Stunden habe es 737 weitere Todesfälle gegeben. Damit sei die Gesamtzahl auf 139.316 gestiegen, teilt die Coronavirus-Arbeitsgruppe der Regierung mit. Es habe 23.378 Neuinfektionen gegeben, 5498 davon in Moskau. In Großbritannien ist die Variante bereits seit langem dominant. Auch in Portugal und Spanien breitet sich die Mutante rasant aus.

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