Schnäppchenjäger verhelfen Europas Börsen zu Gewinnen
Frankfurt (Reuters) - Schnäppchenjäger haben den europäischen Aktienmärkten nach dem Ausverkauf der vergangenen Tage zu einem versöhnlichen Wochenschluss verholfen.
Der Dax legte am Freitag 1,1 Prozent zu auf 12.097 Punkte, der EuroStoxx50 gewann 1,3 Prozent auf 3186 Zähler. Zwar sei die Furcht vor einer zweiten Coronavirus-Infektionswelle in den USA gewachsen und es bestehe die Sorge, dass sich die Weltwirtschaft nicht so rasch erhole wie bislang angenommen, sagte Timo Emden vom gleichnamigen Analysehaus. "Womöglich dürfte sich aber schon die Erkenntnis durchsetzen, dass die Reaktion der Märkte vom Donnerstag übertrieben war."
Grundsätzlich seien die Aussichten für die Finanzmärkte günstig, sagte Christopher Smart, Chefstratege des Barings Investment Institute. "Die Unterstützung durch die Zentralbanken wird nicht nachlassen. In den meisten Industrieländern wird es wahrscheinlich noch mehr öffentliche Ausgaben geben." In Deutschland brachte die Bundesregierung ihr 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket auf den Weg. Finanzminister Olaf Scholz sagte, er erwarte, dass das Parlament noch im Juni zustimme. Barings-Experte Smart äußerte: "Die wirklichen Probleme werden vermutlich erst mit Blick aufs nächste Jahr auftreten, wenn die Frage aufkommt, wie viel mehr Unterstützung wir von Regierungen und Zentralbanken erwarten können."
Der Dollar geriet angesichts der zunehmenden Risikofreude unter Druck. Der Euro legte im Gegenzug zu und gewann 0,4 Prozent auf 1,1340 Dollar. Die Investoren sähen das Glas immer noch als halbvoll an, sagte Ricardo Evangelista, Analyst beim Brokerhaus ActivTrades. Die zurückhaltenden Äußerungen der US-Notenbank (Fed) zum Konjunkturausblick, die schwachen Wirtschaftsdaten sowie der beunruhigende Anstieg der Coronavirus-Neuinfektionen rückten dagegen in den Hintergrund.
ÖLWERTE GEFRAGT
Zugleich blieb aber Gold gefragt. Der Preis für eine Feinunze (31 Gramm) stieg um 0,5 Prozent auf 1736 Dollar. Jigar Trivedi, Rohstoffanalyst beim indischen Handelshaus Anand Rathi, verwies auf schwache Konjunkturdaten aus Großbritannien. Im April brach die Wirtschaftsleistung dort um mehr als ein Fünftel verglichen mit dem März ein, das ist der bislang stärkste Rückgang. "Das ist eine Katastrophe", sagte Paul Johnson, Direktor der Denkfabrik Institute for Fiscal Studies. "Die wichtige Frage ist aber, was passiert als nächstes." Großbritannien ist das europäische Land, das am stärksten von der Coronavirus-Pandemie betroffen ist. Viele Geschäfte dürfen zudem erst kommende Woche wieder öffnen.
Zu den Gewinnern gehörten die zyklischen Aktien wie Autobauer, Banken und Reisewerte, die zuletzt besonders unter Druck geraten waren. Auch Ölwerte waren gefragt. Die Papiere von Royal Dutch Shell gewannen 3,1 Prozent, die Titel von Total und BP jeweils 2,7 Prozent. Der Ölpreis fing sich wieder etwas und notierte geringfügig im Plus, nachdem er in den vergangenen Tagen nachgegeben hatte.
Um fast 13 Prozent aufwärts ging es für die Aktien des britischen Schulbuchverlags Pearson. Der aktivistische Investor Cevian Capital hat einen Anteil von 5,4 Prozent gekauft, was Hoffnungen auf einen Geschäftsumbau weckte.