Scholz kündigt für 2021 erhebliche Neuverschuldung an

Reuters · Uhr

Berlin (Reuters) - Fehlende Steuereinnahmen durch die Corona-Krise machen nach Worten von Bundesfinanzminister Olaf Scholz auch 2021 eine hohe Neuverschuldung des Bundes erforderlich.

Der SPD-Kanzlerkandidat kündigte am Donnerstag nach der Vorlage neuer Steuerzahlen eine "erhebliche zusätzliche Kreditaufnahme" an. Im Vergleich zu 2019 werde der Bund 2020 über 50 Milliarden Euro weniger einnehmen. Scholz ließ offen, ob die Einhaltung der Schuldenbremse im Jahr 2022 wieder möglich sein wird: "Es bleibt eine Herausforderung, die nicht klein ist." Unions-Haushälter Eckhardt Rehberg mahnte: "Die Ausnahme von der Schuldenbremse darf nicht zur Regel werden." Die Grünen dagegen forderten ein Milliardenprogramm: Es gelte jetzt, den Investitionsmotor anzuwerfen.

Scholz legte die neuen Zahlen der Steuerschätzung vor. Sie sind Grundlage für den Entwurf des Bundeshaushalts 2021, den das Kabinett am 23. September beschließen soll. Für den Zeitraum 2020 bis 2024 müssen Bund, Länder und Gemeinden mit rund 29,6 Milliarden Euro weniger auskommen als noch im Frühjahr angenommen. Allein für 2020 und 2021 muss der Bund demnach nochmals mit fast 20 Milliarden Euro weniger rechnen. Dies ist aber weniger dem wirtschaftlichen Einbruch geschuldet als den Maßnahmen zur Bewältigung der Krise. Im laufenden Jahr schlagen dabei vor allem die befristete Mehrwertsteuersenkung mit etwa 20 Milliarden Euro und der Kinderbonus von vier Milliarden Euro zu Buche. Beides war in der Mai-Schätzung nicht eingerechnet.

Insgesamt erwartet der Bund in diesem Jahr Steuereinnahmen von 275,3 Milliarden Euro und im kommenden Jahr 295,2 Milliarden Euro. Im vorigen Jahr waren noch 329 Milliarden Euro in die Kassen des Bundes geflossen. "Die Mindereinnahmen bewegen sich im erwarteten Rahmen", erklärte Scholz. "Die Pandemie ist leider noch nicht vorbei, wirtschaftlich könnte das Schlimmste aber erst mal hinter uns liegen." Die Bundesregierung spare nicht gegen die Krise an, sondern investiere. "Wir haben wohl manches richtig gemacht", zeigte sich der Vizekanzler zufrieden.

STEUEREINBRUCH GERINGER ALS IM FRÜHJAHR ERWARTET

Lässt man die Steuersenkungen zur Bewältigung der Krise außer acht, fielen die Steuermindereinnahmen in diesem Jahr sogar geringer aus als noch im Mai inmitten der Krise angenommen. Trotzdem und gerade deshalb sei der Einsatz öffentlicher Mittel erforderlich, um Unternehmen zu unterstützen sowie Anreize für Investitionen in Digitalisierung und Klimaneutralität zu setzen, erklärte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Der Bundesverband der Industrie forderte, öffentliche Investitionen vorzuziehen und die Investitionen im kommenden Jahrzehnt deutlich zu erhöhen.

Die Steuerschätzung und der Entwurf für den Bundesetat 2021 dürften die Debatte anheizen, ob wann der Bund die Schuldenbremse wieder einhalten kann. In diesem Jahr hatte der Bundestag für eine Rekordneuverschuldung von 218 Milliarden Euro eine Ausnahme bewilligt. Auch 2021 ist die Ausnahmeregelung laut Scholz abgemacht. "Jetzt blind zu sparen, wäre ein fatales Signal", erklärte SPD-Haushälter Dennis Rohde.

Der Wissenschaftler Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft erklärte, der Bund könne die Schuldenbremse rein rechnerisch "ohne größere Sparanstrengungen" bereits 2021 wieder einhalten. Allerdings nannte es auch Boysen-Hogrefe angesichts der Unwägbarkeiten nicht klug, die Etatplanung für 2021 "anhand der Vorgaben der Schuldenbremse zu fixieren".

onvista Premium-Artikel

Chartzeit Wochenausgabe 29.06.2025
US-Börsen beeindrucken mit ihrer Performance - wie das wohl weitergeht?29. Juni · onvista
US-Börsen beeindrucken mit ihrer Performance - wie das wohl weitergeht?
Kolumne von Stefan Riße
Zweite Chance für den Euro29. Juni · Acatis
Zweite Chance für den Euro
Der große onvista-Halbjahresausblick
Aktien, Silber, Bitcoin: Meine Kursziele bis Jahresende29. Juni · onvista
Aktien, Silber, Bitcoin: Meine Kursziele bis Jahresende