Scholz will nach Wirecard-Skandal Finanzaufsicht stärken

Reuters · Uhr

Berlin (Reuters) - Nach dem milliardenschweren Bilanzskandal beim Dax-Unternehmen Wirecard will Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Finanzaufsicht stärken und auch Wirtschaftsprüfer schärfer kontrollieren.

Der Reuters am Donnerstagabend vorliegende Entwurf eines Aktionsplans sieht für die Aufsichtsbehörde Bafin unter anderem ein Sonderprüfungsrecht und die Möglichkeit forensischer Prüfungen vor. Die staatliche Aufsicht für Prüfer von Jahresabschlüssen soll zudem Prüfungen "in größerem Maße auch ohne Anlass und risikobezogen durchführen". Alle "Unternehmen von öffentlichem Interesse" sollen verpflichtet werden, ihre Abschlussprüfer spätestens nach zehn Jahren zu wechseln: "Wir werden zudem die Trennung von Prüfung und Beratung bei diesen Unternehmen verschärfen."

Mit dem Aktionsplan, über den zuerst die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, konkretisiert Scholz erstmals seine Ankündigungen zu den Konsequenzen aus dem mutmaßlichen Milliardenbetrug beim Zahlungsabwickler Wirecard in Aschheim. Das Unternehmen hat nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft mindestens seit 2015 seine Bilanzen gefälscht. Erst im Frühjahr flog dies auf, weil für 1,9 Milliarden Euro in der Bilanz Belege fehlten. Aufsichtsbehörden und Wirtschaftsprüfer bemerkten davon trotz verschiedener Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten nichts.

SCHOLZ-PAPIER KOMMT KURZ VOR AUSSCHUSS-SONDERSITZUNG

Ein Sprecher des Finanzministeriums wollte sich zu dem Papier nicht äußern, sagte aber: "Wir befinden uns in der Bundesregierung in der Abstimmung über den Aktionsplan." Das Papier wird wenige Tage vor einer Sondersitzung des Finanzausschusses des Bundestages bekannt, bei der sich der Scholz gemeinsam mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Fragen nach möglichen Versäumnissen der Bundesregierung und der Aufsichtsbehörden stellen muss. Die Opposition droht mit einem Untersuchungsausschuss, der sich bis ins Bundestagswahljahr 2021 ziehen würde. Für den SPD-Politiker Scholz käme das ungelegen: Er gilt als wahrscheinlicher Kanzlerkandidat seiner Partei.

Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz attestierte Scholz am Donnerstagabend, der Minister "legt sich bei der Fehlerkorrektur ins Zeug". Dies erwarte man auch bei der Aufklärung, "wo, warum und wie Fehler passiert sind".

Meistgelesene Artikel