Streit über Einschränkungen von Corona-Tests bei Urlaubsrückkehrern
Frankfurt (Reuters) - Zwischen Bund und Ländern ist ein Streit über das geplante Ende kostenloser Corona-Tests für Reiserückkehrer aus Nichtrisikogebieten entbrannt.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verteidigte am Mittwoch die Pläne: "Die Laborkapazitäten sind endlich." Wenn auf Dauer die Maximalkapazitäten ausgereizt würden, "dann geht das zulasten von Menschen und Material". Die Beschäftigten in den Laboren arbeiteten jedes Wochenende durch und machten viele Überstunden, "auf die müssen wir auch Rücksicht nehmen". Zuletzt habe sich die Zahl der wöchentlichen Tests auf weit über 900.000 verdoppelt. Scharfe Kritik übte dagegen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der an den umfangreichen Tests festhalten will. Am Donnerstag wollen Kanzlerin Angela Merkel und die 16 Ministerpräsidenten über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise beraten.
Vier Bundesländer seien strikt gegen Pläne, die kostenlosen Tests für Reiserückkehrer wieder zu streichen, sagte der CSU-Chef. Man könne nicht wenige Wochen nach Einführung der Testmöglichkeiten diese wieder abschaffen. Die deutlich höhere Anzahl an Positiv-Fällen unter den Rückreisenden zeigten, dass es nicht um "Massentests", sondern eine gezielte Teststrategie Söder widersprach Spahns Warnungen vor einer Überforderung der Testkapazitäten. Statt die Tests zurückzufahren, solle man lieber die Kapazitäten weiter ausbauen. Er gehe davon aus, dass sich nach Ende der Sommerferien die Zahl der Reise-Rückkehrer ohnehin reduzieren werde.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten sich am Montag darauf verständigt, kostenlose Corona-Tests für Rückkehrer aus Nicht-Risiko-Gebieten wieder zu streichen. Als möglicher Starttermin der neuen Regelungen werden der 15. September oder der 1. Oktober anvisiert. Nicht einigen konnten sie sich darüber, ob Tests für Reisende aus Risikogebieten kostenlos bleiben sollen. Für sie gilt unverändert eine 14-tägige Quarantänepflicht. Diese kann frühestens fünf Tage nach Einreise durch Vorlage eines negativen Tests beendet werden.
Spahn kündigte eine verstärkte Kontrollen der Quarantänepflicht an. "Das ist keine Bitte, sondern eine staatliche Anordnung." Es gebe stichprobenartige Kontrollen, die verstärkt werden sollen, auch durch eine stärkere Digitalisierung. Geplant seien digitale Aussteigekarten, um die Gesundheitsämter vor Ort zu entlasten. Mit den Aussteigekarten, die bislang händisch ausgefüllt werden müssen, werden die Kontaktdaten von Reisenden aus Risikogebieten erfasst.
SPAHN WILL RÜCKKEHR ZUR ALTEN TESTSTRATEGIE
Nach zusätzlichen Testanstrengungen in der Reisezeit wolle man nun zu dem Langzeitansatz zurückkehren, den die nationale Teststrategie vorsehe, sagte Spahn. Nach Ende der Reisezeit sollen deshalb zielgerichtet Personen mit Symptomen und Kontakt zu Covid-19-Patienten getestet werden, aber auch Pflegekräfte oder Ärzte sowie Pflegebedürftige, um diese Personengruppen stärker zu schützen. "Die Teststrategie haben wir in der Corona-Krise mehrfach angepasst", sagte Spahn. Das sei normaler Bestandteil einer Strategie in einer solchen Pandemie. Am Donnerstag will Bundeskanzlerin Angela Merken mit den Ministerpräsidenten der Länder über weitere Schritte in der Corona-Krise beraten.
Kritik kommt auch aus der Reisebranche. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft hatte von einem "bitteren Rückschritt" gesprochen. Eine pauschale Quarantänepflicht sei eine Reisebeschränkung, die den Verkehr zum Erliegen kommen lasse. Der Deutsche Reiseverband bemängelte, der Bundesregierung fehle "ein durchdachtes Konzept" bei den Tests. "Dem politischen Zickzackkurs fehlt es an Klarheit und Verlässlichkeit. Damit verwirrt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Urlauber", urteilte DRV-Präsident Norbert Fiebig.