Tesla-Chef Musk zwischen großen Visionen und irdischen Problemen: Robotaxis bis 2020, der beste Prozessor der Welt und der Streit mit der SEC

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Elon Musk hat in der Vergangenheit ohne Zweifel viel Stoff für Kritik geliefert, doch eines muss man dem Tesla-CEO und Pionier lassen: Er hält absolut verbissen an seiner übergeordneten Vision für seine Firmen fest. Jetzt hat er auf einer Investorenkonferenz am Montag für Tesla einen weiteren, sehr ambitionierten Zieltermin ausgegeben: Noch im kommenden Jahr soll zumindest in einem Ort eine Flotte aus Robotertaxis an den Start gehen, wenn die Behörden ihre Freigabe erteilen. Die bereits 2016 vorgestellte Idee des „Tesla Network“ sieht vor, dass Besitzer ihre Fahrzeuge auf autonome Taxifahrten losschicken, wenn sie sie nicht brauchen. Tesla wolle zudem selbst Autos auf diese Plattform bringen und dadurch Geld verdienen, kündigte Musk an.

Tesla will mal wieder schneller als die Konkurrenz sein

Musk ist mit seinem Zeitplan optimistischer als viele andere Automanager. Ford zum Beispiel plant den Start seiner Robotaxi-Dienste in einigen Stadtbezirken von Miami und Washington für das Jahr 2021. Die Google Schwesterfirma Waymo startete vor einigen Monaten einen kommerziellen Fahrdienst mit selbstfahrenden Autos für ausgewählte Einwohner eines Vororts der Stadt Phoenix in Arizona – hat aber noch Sicherheitsfahrer am Steuer sitzen.

Musk setzt auf eigene Technologie und kritisiert Branchen-Standard „Lidar“

Im Gegensatz zum Großteil der Branche setzt Musk auch darauf, die Autos vor allem mit Kameras selbstfahrend zu machen – ohne die teuren Laserradare, die die Umgebung abtasten. Aus Sicht von Musk ist diese Technologie veraltet: „Lidar ist lahm … Ich gehe davon aus, dass andere in der Branche sich auch von der Lidar-Technologie trennen werden.“

Tesla trainiert seine Roboterwagen-Software unter anderem mit Bildern der Kameras von Fahrzeugen, die bereits auf der Straße sind. Laut Musk hat Tesla einen großen Vorsprung vor der Konkurrenz, da die gesamelten Datenmengen riesig sind und weiter ansteigen werden. Noch in diesem Quartal sollen 500.000 Tesla-Fahrzeuge auf den Straßen sein, die mit jeweils acht Kameras, Ultraschall-Sensoren und Radar ausgestattet sind und Daten für den Aufbau eines neuronalen Netzes sammeln. Dieses Netzwerk soll den Autos dann ermöglichen, sich auf der Straße zu orientieren, indem sie lernen, Objekte zu identifizieren und wie sie mit diesen umgehen sollen.

Ist Musks Zielsetzung diesmal realistisch – oder nur Ablenkung?

Musk setzte sich und Tesla wiederholt ehrgeizige Ziele, die nur mit Verspätung oder noch gar nicht erreicht werden konnten. So stellte er bereits für 2017 eine komplett autonome Fahrt eines Tesla von einer US-Küste zur anderen in Aussicht, die bisher ausblieb. Auch die Produktion des aktuellen Tesla-Hoffnungsträgers Model 3 wurde viel langsamer als geplant hochgefahren.

Tesla legt am Mittwoch Quartalszahlen vor und nach schwarzen Zahlen im vergangenen Jahr wird von vielen Experten wieder ein deutlicher Verlust im dreistelligen Millionenbereich erwartet, nachdem jüngst im Zuge der internationalen Expansion mit dem Model 3 die Auslieferungen gesunken waren. Manche Tesla-Kritiker glauben zudem, Musk wolle mit der Ankündigung zu autonomem Fahren von den schlechten Quartalsergebnissen ablenken.

Eigener Tesla-Prozessor vorgestellt – besser als die Konkurrenz?

Neben der Ankündigung der ehrgeizigen Robotaxi-Ziele hat Tesla zudem seinen neuen Prozessor vorgestellt, der drei Jahre in der Entwicklung gewesen ist. Und auch bei dieser Vorstellung fehlt es dem Autobauer nicht an Selbstbewusstsein: Der Prozessor soll wesentlich besser sein, als alles, was bisher auf dem Markt ist. Auf den bisherigen Chip-Zulieferer Nvidia soll ab jetzt verzichtet werden.

„Es scheint auf den ersten Blick unwahrscheinlich“, sagte Musk am Montag. „Wie kann es sein, dass Tesla, das noch nie zuvor einen Chip entworfen hat, den besten der Welt herstellt? Aber das ist objektiv passiert.“ Der Prozessor sei „deutlich besser“ als der der Konkurrenz. „Und er wird derzeit in die Autos eingebaut“, stellte Musk klar.

Der Chip soll beim autonomen Fahren und dem Aufbau der Robotaxi-Flotte eine wesentliche Rolle spielen. Alle drei Tesla-Modelle, der Sportwagen Model S, der SUV Model X und das kleinere Model 3 sollen für die selbstfahrende Flotte zur Verfügung stehen, sagte Musk. Daher werden derzeit in alle Modelle die neusten Technologien eingebaut.

Nivida reagiert mit Kritik

Der bisherige Zulieferer Nvidia ist etwas anderer Meinung als Tesla. Der Prozessorhersteller hat die Behauptungen angefochten und stellte klar, dass der Autobauer die Performance eines ganzen Computers mit der eines Chips vergleichen würde. Laut Nvidia wäre ein ganzes System, das auf Nvidia-Chips basiert, leistungsstärker als das, was Tesla präsentiert hat.

Während Nvidia an der Börse zu Beginn der Woche mit einem Plus von 1,16 Prozent einen kleinen Sprung nach oben machen konnte, musste Tesla eine erneute Abwärtsfahrt von 3,84 Prozent hinnehmen. Das Wertpapier nähert sich damit wieder dem Oktober-Tief von 250 Dollar.

Tesla und Nvidia im Performance-Vergleich (Nasdaq)

Im Rechtsstreit um Tweets erhält Musk mehr Zeit

Der Rechtsstreit zwischen Musk und der US-Börsenaufsicht SEC um die Social-Media-Aktivitäten des Tesla -Chefs geht derweil in die Verlängerung. Die zuständige Richterin Alison Nathan stimmte bereits am Donnerstag (Ortszeit) in New York einem Antrag der Anwälte beider Parteien zu, eine weitere Woche Zeit für Verhandlungen einzuräumen. Eigentlich hatte Nathan Anfang April eine einvernehmliche Lösung innerhalb von zwei Wochen gefordert. Damit sollte der Streit nun bis zum Ende des Monats entschieden werden.

Bei dem Konflikt geht es um einen Vergleich aus dem Vorjahr, der Musks Twitter-Kommunikation unter Auflagen stellte, an die er sich laut SEC nicht gehalten hat. Die Aufseher fordern deshalb eine Strafe wegen Missachtung des Gerichts. Die Richterin drängt aber auf einen Kompromiss. Nun erklärten die Streitparteien, dass die Gespräche andauerten und sie weitere Zeit für eine Einigung benötigten.

Konkret geht es um einen Tweet von Mitte Februar, in dem Musk schrieb, Tesla werde 2019 rund 500.000 E-Autos produzieren. Damit wich er von der offiziellen Prognose des Unternehmens ab. Das ist besonders brisant, weil Musk beim Vergleich zugesichert hatte, Tweets mit Informationen, die den Aktienkurs beeinflussen könnten, künftig von Tesla absegnen zu lassen – was hier laut SEC nicht der Fall war.

Der ursprüngliche Vergleich kam im Herbst zustande, nachdem Musk die Märkte bei Twitter mit unausgegorenen Plänen zu einem Börsenrückzug Teslas irritiert und die SEC ihn wegen Marktmanipulation verklagt hatte. Die Aufsicht hatte Musk zunächst den Vorstandsvorsitz verbieten lassen wollen. Dann einigte man sich auf den Kompromiss, der verhindern sollte, dass Musk weiter eigenmächtig kursbewegende Tweets absetzt.

(onvista/dpa-AFX)

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Titelfoto: Vitaliy Karimov / Shutterstock

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