Tunesiens Präsident will politisches System offenbar grundlegend reformieren

Reuters · Uhr

Tunis (Reuters) - In Tunesien scheint sich Präsident Kais Saied nach Wochen des politischen Stillstands und zunehmender Repressionen zum weiteren Vorgehen durchgerungen zu haben.

Einer seiner Berater sagte Reuters am Donnerstag, Saied wolle die Verfassung aussetzen und könnte Reformen des politischen Systems über ein Referendum anstreben. "Dieses System kann nicht weitermachen", sagte Walid Hadschem. "Ein Wechsel des Systems bedeutet eine andere Verfassung durch ein Referendum." Die Abstimmung müsse aber vorbereitet werden.

Nach seinen Worten stehen die Pläne des Präsidenten kurz vor dem Abschluss und sollen bald vorgestellt werden. Offen ließ Hadschem, was Saied konkret will. Erwartet wird, dass er ein präsidiales System anstrebt, in dem das Staatsoberhaupt mehr Vollmachten bekommt, während im Gegenzug die Kompetenzen des Parlaments eingeschränkt werden.

Saied hatte am 25. Juli überraschend Ministerpräsident Hichem Mechichi entmachtet und das Parlament geschlossen. Der Präsident wollte nach eigener Darstellung die politische Blockade im Land auflösen und gegen Korruption vorgehen. Viele Menschen in Tunis und anderen Städten des in einer schweren Wirtschaftskrise steckenden Landes hatten die Entmachtung von Regierung und Parlament zunächst begrüßt. Doch die Maßnahmen des Präsidenten haben Bedenken ausgelöst, demokratische Prinzipien seien in Gefahr. Mehrere Beamte, darunter ehemalige Minister, wurden unter Hausarrest gestellt und Politiker und Geschäftsleute am Reisen gehindert.

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