Von wegen die Rente ist sicher!

Jessica Schwarzer · Uhr

Die Bundesbank warnt vor einer Schieflage bei der gesetzlichen Rente. Haben die Experten mit ihren Prognosen recht, müssen künftige Rentner den Gürtel sehr viel enger schnallen. Private Vorsorge tut Not, mehr denn je.

Der Monatsbericht der Bundesbank ist nicht nur irgendein langweiliger Bericht einer Behörde. Er befasst sich immer wieder mit sehr spannenden Themen. Etwa damit, wie die Deutschen anlegen, warum sie schlechter abschneiden als Spanier, Italiener oder Menschen sonst wo in Europa. Und mitunter birgt dieser Monatsbericht auch echten Sprengstoff. So wie jetzt. Die Bundesbank schlägt nämlich Alarm und warnt vor einer deutlichen Schieflage bei der gesetzlichen Rente. Sogar die Rente mit 70 bringen die Experten ins Spiel.

Dabei gab es in den vergangenen Jahren doch eigentlich wenig Grund zur Sorge: Die Beiträge zu Rentenversicherung sanken, die Leistungen stiegen – dem Wirtschaftsboom sei dank. Doch das hat nur verdeckt, wie es um die gesetzliche Rente und ihre Finanzierung wirklich steht. Das zeigt die aktuelle Analyse der Bundesbank. Und die ist wirklich erschreckend.

In ihrem aktuellen Monatsbericht berechnen die Experten, wie sich Beitragssätze, Rentenniveau und Bundeszuschüsse auf Basis der aktuellen Gesetzeslage bis zum Jahr 2070 entwickeln werden. Bis zum Jahr 2025 sollte die Lage entspannt sein. Denn so lange gilt: Der Beitragssatz darf nicht über 20 Prozent steigen und das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent fallen. Doch wenn diese gesetzliche Regel ausläuft, dürfte die finanzielle Lage der Rentenkasse schnell kippen, vor allem, weil die geburtenstarken Jahrgänge dann in Rente gehen. Gleichzeitig werden wir aber immer älter. Diese demographischen Faktoren kann auch die bisher beschlossene Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre nicht ausgleichen.

Folglich müssen andere Stellschrauben bewegt werden. Die Bundesbank prognostiziert, dass der Beitragssatz bis Mitte der 2030er-Jahre deshalb von derzeit 18,6 auf rund 24 Prozent steigen müsse und bis 2070 sogar auf etwa 26 Prozent. Außerdem müssten auch die Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt drastisch erhöht werden, was natürlich finanziert werden muss. Die Bundesbank orakelt gar über eine steigende Mehrwertsteuer.

Das Rentenniveau dürfte drastisch sinken

Das alles wäre aber noch nicht genug. Man ahnt es bereits: Es trifft die Rentner, denn auch das Versorgungsniveau müsste kräftig sinken. Schon 2030 läge es nur noch bei 46 Prozent, 2050 bei 42 und 2070 bei 40 Prozent, prognostiziert die Bundesbank. Dieses Versorgungsniveau bildet den Rentenanspruch im Verhältnis zum vorherigen Einkommen ab. Zugrunde gelegt wird dabei ein Arbeitnehmer, der 45 Jahre lang genau das durchschnittliche Einkommen erzielt hat. Von 48 auf 40 Prozent klingt erstmal gar nicht so viel, wäre aber ein Absinken des Rentenniveaus um stolze 20 Prozent. Das tut weh in der Haushaltskasse.

Die Bundesbank fordert nun angesichts der demographischen Entwicklung, dass Renteneintrittsalter bis 2070 auf 69,3 Jahre anzuheben. Das mag rein rechnerisch Sinn machen. Denn wenn es immer mehr Rentenempfänger gibt, die Zahl der Beitragszahler aber sinkt, droht der Kollaps. Das ist einfache Mathematik. Es wäre ein Ausweg aus der Misere, würde sie zumindest lindern, das Renteneintrittsalter anzuheben. Aber: Zuletzt gingen die Menschen in Deutschland im Schnitt mit 61,9 Jahren in Rente, und das obwohl das gesetzliche Eintrittsalter bei 65 Jahren beziehungsweise für die ab 1964 geborenen bei 67 Jahren liegt. Nur sieben Prozent der Erwerbstätigen arbeiten länger als nötig. Es darf also bezweifelt werden, dass dieser Schritt helfen würde.

Also muss die Rente zwangsläufig weiter sinken? Gut möglich, sogar sehr wahrscheinlich. Fakt ist auf jeden Fall: Deutlich ansteigen wird das Rentenniveau ganz sicher nicht mehr. Reformen hin oder her. Es wird schlimmer, nicht besser. Die Rente ist eben nicht sicher. Deshalb müssen wir noch stärker privat vorsorgen. Und das unbedingt mit renditestarken Anlageklassen. Die meisten Versicherungsprodukte bringen leider nun mickrige Renditen. Klar, sie sichern das Langlebigkeitsrisiko ab, zahlen also auch dann noch Monat für Monat, wenn wir 90, 100 oder gar 110 Jahre alt werden. Die Chance auf ein langes Leben ist finanziell für viele leider ein Risiko.

Aktien für die Altersvorsorge

Zusätzlich gehören zum Vermögensaufbau und der Altersvorsorge deshalb unbedingt auch Aktien. Sie sind langfristig die erfolgreichste Anlageklasse überhaupt – man kann es nur immer wieder wiederholen. Sie bringen im Schnitt sechs bis acht Prozent Rendite pro Jahr, langfristig wohl gemerkt. Und: Je länger der Anlagehorizont desto geringer das Risiko, bei ausreichender Streuung über viele Einzeltitel, Branchen und Länder. Auch das kann man nur immer wieder wiederholen!

Auch das Deutsche Aktieninstitut (DIA) hat sich bereits gemeldet und für den Einsatz für Aktien in der Altersvorsorge getrommelt, um die Rentenlücke zu schließen. Und das DIA hat noch eine ziemlich gute Idee und schlägt Aktien nicht nur als Baustein in der privaten und betrieblichen Altersvorsorge sondern auch in der gesetzlichen Rente vor. Denn: „Einsatzmöglichkeiten gäbe es viele, wenn die Politik die Weichen richtig stellt.“ Recht haben die Experten. Die Rendite wäre natürlich auch eine Stellschraube, an der die Rentenkasse mal drehen könnte. Aber es gibt leider wenig Hoffnung. Unsere Politiker – allen voran Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) – können der Aktie wenig abgewinnen. Deshalb gilt wohl bis auf weiteres: Wer sich auf die gesetzliche Rente verlässt, ist verlassen – spätestens im Alter.

Foto: Matej Kastelic / Shutterstock.com

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