Wer ist besser, Aldi oder Lidl?

HANDELSBLATT · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Batterien von Lidl lassen einen „handelsüblichen Spielzeughund“ fast viereinhalb Stunden fiepsen und zappeln. Die Batterien von Aldi schaffen nur eine halbe Stunde weniger. Und das beim gleichen Preis von 1,69 Euro für acht Stück. Das ist eines der dünnen Ergebnisse des Films „Aldi gegen Lidl – Das Duell“, der am Dienstag im ZDF die zwei größten deutschen Discounter verglich.

Nachdem die ARD mit dem „Marken-Check“ Quoten-Erfolge feierte, sendete auch das ZDF zur besten Sendezeit eine Reportage mit Einkaufs-Tipps. In Kategorien wie „Preis“, „Werkzeug“ oder „Strategie“ wurden die Supermarktketten bewertet. Mit dem Ziel, am Ende den König der Discounter zu küren. Allzu differenziert wurde dann aber doch nicht bewertet: Die Kategorie „Batterien“ hatte genauso viel Gewicht wie „Geschmack“, „Mode“ und alle anderen.

Mit dem Plüschhund-Batterie-Test egalisierte Lidl nach zehn Sendeminuten den „Vorsprung“, den Aldi sich zuvor in der Rubrik „Preis“ erkämpft hatte. Der Warenkorb des statistischen Bundesamtes für eine vierköpfige Familie kostet bei Lidl fast 160 Euro. Bei Aldi waren die rund 100 Artikel für 130 Euro zu haben. Der Grund: der unterschiedliche Umgang mit Markenartikeln. Während einige Basis-Artikel wie Milch (54 Cent), Margarine (95 Cent) oder WC-Reiniger (75 Cent) bei beiden gleich viel kosteten, hat Lidl im Gegensatz zu Aldi nicht nur die Hausmarke sondern auch mehr teurere Produkte von Markenherstellern im Regal.

So griffen die Lidl-Testkäufer zum doppelt so teuren Toast, zum Marken-Orangensaft und zum Fernsehwerbungs-Senf und bezahlten dafür insgesamt fast 30 Euro mehr. Ob das nur daran lag, dass die Testfamilie Ziemke, die für den Film bei Lidl testkaufte, gerne Markenartikel in den Wagen lädt, oder ob Lidl einfach keine günstigen Alternativen bietet, blieb offen. Zwei Testfamilien, die das Experiment „total spannend“ fanden, kauften für den Film jeweils zwei Wochen ausschließlich bei Lidl beziehungsweise Aldi ein – nach 14 Tagen wurde gewechselt.

Hilfreicher als die Erkenntnis, dass es bei Lidl auch einige Markenartikel gibt, war für viele Zuschauer wohl, dass Hausmarken-Produkte oft von den gleichen Firmen stammen wie Markenprodukte. Das ist zwar nicht wirklich neu, aber aufschlussreich. Martina Schneider erklärte, welche No-Name-Artikel von welchem Hersteller stammen. Das hatte sie für ihr Buch „Welche Marke steckt dahinter“ recherchiert.

Sowohl die Aldi- als auch die Lidl-Doppelkekse stammen von der Firma Griesson – de Beukelaer, sagt Schneider. Und die sind immerhin 70 Cent günstiger als das Markenprodukt desselben Herstellers. Ähnlich sei das bei Danones „Fruchtzwergen“, beim Aldi-Sekt (kommt von Freixenet) und vielen anderen Artikeln.

Kritik an den Unternehmen im zweiten Drittel

Mit Billigartikeln von Aldi ist der Kunde also auf der Gewinner-Seite. Auch in der Kategorie „Mode“ schneiden beide Discounter gut ab, wenn es um den Preis geht. Befragte Passanten schätzen den Preis der von Männermodells präsentierten Outfits deutlich zu hoch ein. Und sind dann telegen erstaunt, wenn enthüllt wird, dass Schuhe, Hose, Hemd und Pulli bei Aldi oder Lidl zusammen nur 44 Euro kosten – statt wie vermutet 200.

Das Design beurteilen Dozentinnen der Modeschule Düsseldorf und sehen Lidl knapp vorne. „Wenn man hier von Mode sprechen kann“, wie die Expertinnen allerdings sagen. Die Verarbeitung hingegen würden sie ihren Schülern nicht durchgehen lassen. Noch schlechter als Lidl schneidet bei Nähten und Stoffen Aldi ab, deswegen ging diese Kategorie in den Augen der Filmemacher an Lidl.

Wie man für ein paar Euro überhaupt ein Hemd herstellen kann, fragt eine der Mode-Ausbilderinnen. Und auch eine der befragen Passantinnen empört sich, sie wolle mit Discount-Klamotten keine Billig-Lohn-Produktion unterstützen. Die Kategorie, die damit eingeleitet wird, heißt „Strategie“.

Sie dauert nur deshalb länger als drei Minuten, weil lang und breit vorgestellt wird, dass es Aldi seit 1946 gibt und den Discounter Lidl seit 1973. Wie sparsam die Brüder Albrecht stets waren darf „Aldi-Insider“ Eberhard Fedtke erzählen.

Dann endlich: Die Unternehmenspolitik und die vielen Kritikpunkte daran. Doch kaum hat der Autor des im Auftrag der Gewerkschaft Verdi erstellten Buches „Schwarz-Buch Lidl“, Andreas Hamann, angefangen von der systematischen Überwachung bei Discountern und dem hohen Kostendruck zu sprechen, ist es schon wieder vorbei mit den ungemütlichen Themen.

Kurz geht es noch um Bangladesch, wo Kleidung für Billig-Ketten genäht wird und wo vor kurzem hunderte Arbeiter bei einem Feuer ums Leben kamen. Deutsche Unternehmen weigerten sich, einem Brandschutzabkommen beizutreten, das solche Unfälle verhindern soll, sagt Hamann.

Weder Lidl noch Aldi äußern sich zu solchen Themen. Aber Lidl lässt das Kamerateam in einer „Niedrigenergie-Filiale“ drehen und hat mehr „Innovationen“ zu bieten, was immer das heißt. Deswegen bekommt Lidl den Punkt in dieser pflichtschuldig eingebauten Kategorie.

Die nächste Rubrik heißt „Werkzeug“ und das steht stellvertretend für alle Non-Food-Artikel. Getestet werden Akkuschrauber, Schleifmaschinen und Stichsägen. Von Konny Reimann, der als „echter Kerl“ und „Deutschlands prominentester Heimwerker“ anmoderiert wird. Ein Kamerateam besuchte ihn in Texas, damit der Auswanderer für die Sendung ein paar Schrauben drehen und Bretter sägen kann. Im Cowboyhut natürlich und mit dem tiefschürfenden Fazit: „Sind beide gut, kann man benutzen.“ Aldi bekommt am Ende den Punkt. Aber: „Man muss ja keine Häuser damit bauen.“

Test-Familien sehen Lidl als Sieger

Das „Blumenduell“ läuft im Zeitraffer ab und geht am Ende an Aldi. Die dort gekauften Tulpen recken auch am elften Tag noch die Köpfe nach oben. Die der Konkurrenz machte vorher schlappt.

Im großen Finale, dem Geschmackstest, kommen wieder die Testfamilien zum Zug. Der Koch Klaus Velte bereitet für die um einen großen Tisch versammelten Tester zwei identische Menüs zu: Suppe mit Garnelen, Schweinfilet im Schinkenmantel und Schokopudding. Einmal nur mit Zutaten von Lidl, einmal nur mit Aldi-Produkten. Außerdem urteilt er selbst: Ihm schmeckt Aldi besser, zum Beispiel das Olivenöl.

Die Familien stimmen bei der Suppe und beim Dessert für Lidl. Das Schweinefilet schmeckt gleich – egal woher. Nur der Champagner, in beiden Läden für 13,99 Euro zu haben, mundet in der Aldi-Variante besser. Der Koch sagt Aldi, die Bekochten Lidl, da bekommen kurzerhand beide einen Punkt.

Kurz vor Schluss steht es also unentschieden. Lidl punktet bei Mode, Batterien und Strategie. Aldi bei Preis, Blumen und Werkzeugen. Eine letzte Kategorie, die ein für allemal klärt, welcher Discounter denn nun der Beste ist, gibt es nicht. Stattdessen entscheiden die Testfamilien. Sie haben sich „die Entscheidung nicht leicht gemacht“, und „einen kleinen Familienrat einberufen“. Beide Familien rufen im Chor „Lidl“ in die Kamera und der Sieger steht fest.

Ob der Zuschauer nun weiß, wo er besser einkauft? Einen glasklaren „Sieger“ auf dem Discounter-Markt zu ermitteln ist sicher zu viel verlangt für einen 45-minütigen Film. Einige der Ergebnisse sind für Verbraucher hilfreich. Zum Beispiel, was den Unterschied zwischen Marken- und No-Name-Artikel angeht.

In Zeiten von Lebensmittelskandalen, Mitarbeiter-Überwachung und Öko-Schwindel wäre ein genauerer Blick auf Produktionsbedingungen, Kontrollen und den Umgang mit Mitarbeitern aber wichtig gewesen. Welcher Discounter hat Bio- und Fair-Trade-Produkte im Sortiment? Wo werden Mitarbeiter weniger unter Druck gesetzt? Auch danach richtet sich heute eine Kaufentscheidung.

Die Macher hätten versuchen sollen, ihren Film mit solchen Themen vom „Marken-Check“ der ARD abzugrenzen. Das hätte sicher besser funktioniert als ein Vergleichstest mit texanischen Heimwerkern und batteriebetriebenen Plüschhunden.

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"Im Prinzip war das ein Panikkauf"gestern, 08:59 Uhr · onvista
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